Verletzte und Straftaten – was am Samstag in Chemnitz geschah


Artikel verfasst von

Maike

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Image  Polizei Bochum

Bis zu 11.000 Demonstranten, 2000 Beamte, 18 Verletzte und 37 Strafanzeigen – das ist die Bilanz nach den Kundgebungen und Protesten am Samstag in Chemnitz. Die Polizei hatte die Zahl zunächst mit 9500 Demonstranten und 1800 Beamten angegeben, die Stadt sprach von 8500 Demonstranten. Auch die Zahl der Verletzten und Strafzeigen erhöhten sich laut der aktuellen Mitteilung der Polizei in Sachsen nochmals - zunächst  war von neun Verletzten und 25 Strafanzeigen die Rede gewesen.

Nach den städtischen Angaben nahmen knapp eine Woche nach den tödlichen Messerstichen und den folgenden ausländerfeindlichen Ausschreitungen rund 4500 Menschen an einem gemeinsamen Marsch der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida teil. Diesem schlossen sich auch Demonstranten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz an.

Zu einer zeitgleichen Veranstaltung für Frieden und gegen Ausländerfeindlichkeit kamen den Angaben zufolge rund 4000 Menschen auf einen Parkplatz bei der Johanniskirche zusammen. Angaben zu den einzelnen Demonstrationszügen gab es von der Polizei in Sachsen nicht.

Afghane von Vermummten angegriffen

 

Details zu den Verletzten nannte die Polizei nicht. Bei den Straftaten handelte es sich den Angaben zufolge um Sachbeschädigung, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Abseits der Demonstrationen wurde ein 20-jähriger Afghane von vier vermummten Menschen angegriffen und geschlagen. Der Mann erlitt leichte Verletzungen. Die Polizei prüft, ob es sich bei den Tätern möglicherweise um ehemalige Versammlungsteilnehmer handeln könnte.

Mit zunehmender Dauer der Veranstaltungen war die Stimmung in der Stadt angespannter geworden. Der Zug von AfD und Pegida kam am frühen Abend nur stockend voran. Nach einem verspäteten Start wurde der Marsch kurz vor dem Denkmal mit dem Karl-Marx-Kopf wieder gestoppt und schließlich unter lautstarkem Protest abgebrochen. Wasserwerfer fuhren auf. Rangeleien mit der Polizei lieferten sich auch Teilnehmer aus einer Gruppe von 300 Personen, die versucht hatten, zu der Versammlung der AfD vorzudringen.




 

Bundes- und Landespolitiker bei Anti-Nazi-Demo

Die sächsischen Beamten wurden von Kollegen aus Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und der Bundespolizei unterstützt.

Am vergangenen Montagabend waren 6000 Demonstranten aus dem eher rechten Spektrum, darunter gewaltbereite Neonazis und Hooligans, etwa 1500 Gegendemonstranten gegenübergestanden – dazwischen knapp 600 Polizisten.

In Chemnitz waren zu der „Nazifrei“-Veranstaltung bei der Johanniskirche neben Bundes- und Landespolitikern auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig erschienen. „Von Sachsen und Chemnitz muss heute die klare Botschaft ausgehen: Wir werden mit allen Mitteln des Rechtsstaates den rechten Hetzern entgegentreten“, sagte die SPD-Politikerin.

 

MDR-Team soll angegriffen worden sein

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und der Fraktionschef der Linken im Bundestags, Dietmar Bartsch, mischten sich unter die Teilnehmer. „Ich finde es ganz toll, dass die Stadtgesellschaft in Chemnitz aufsteht und ein klares Zeichen setzt, dass Hass, dass Gewalt, dass Rassismus in der Stadt nichts zu suchen haben“, sagte Bartsch.

 

Auch die SPD wolle ein Zeichen setzen, sagte Klingbeil. „Wir stehen hinter den friedlichen Protesten, wir wollen, dass klar wird, die Mehrheit denkt hier anders, denkt nicht rechtsextrem, denkt nicht ausländerfeindlich.“

Die Chemnitzer Polizei ermittelt nach der Anzeige eines MDR-Teams auch zu einem Vorfall in einer Privatwohnung am Rande der Demonstrationen. Der Sender selbst sprach von einer „Attacke“ und einem Angriff auf zwei erfahrene Reporter, wobei einer verletzt wurde. In einem Buzzfeed-Video auf Twitter äußerte sich ein Journalist des Teams.




 

Demnach habe das Team in einem der Häuser nahe der Pro-Chemnitz- und AfD-Demonstrationen geklingelt, um von dem Balkon einer Privatwohnung zu filmen. In der Wohnung sei das Team dann angegriffen worden: Ein Reporter soll die Treppe hinuntergestoßen und dabei verletzt worden sein. Zudem ging die Kamera der Journalisten kaputt.

Für Sonntag sind weitere Kundgebungen angekündigt. So ist für 15 Uhr auf dem Chemnitzer Neumarkt eine Versammlung unter dem Motto „Chemnitzer Bürger setzen ein demokratisches Zeichen gegen Gewalt und Fremdenhass“ geplant. Angemeldet sind dazu nach Angaben der Stadt 500 Teilnehmer. Außerdem lädt die evangelische Kirche ab 16 Uhr zu einer Kundgebung auf den Neumarkt ein. Am Montag findet zudem ein Konzert unter dem Motto „Wir sind mehr“ mit den Toten Hosen, Kraftklub und K.I.Z statt – auf Facebook haben mehr als 25.000 Menschen ihre Teilnahme zugesagt.

Vor knapp einer Woche war ein 35-jähriger Deutscher bei einer Messerattacke in Chemnitz getötet worden, zwei weitere wurden verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchungshaft.