Trumps erfolgreicher Egotrip


Artikel verfasst von

Maike

https://wunderwelt.red/




Erst Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, nun Kanzlerin Angela Merkel: Europa will im Handelskonflikt mit den USA Zugeständnisse von Donald Trump erreichen. Der US-Präsident hatte vor einigen Wochen Importzölle auf Stahl und Aluminium verfügt und erst nach einer Lobbyinitiative unter anderem Südkorea, Kanada, Mexiko und der EU Ausnahmen gewährt.

 

Aus einem Streit um Zolltarife ist ein internationales Kräftemessen geworden. Mit seinem Protektionismus stellt Trump die bisherige multilaterale Weltwirtschaftsordnung infrage. Welche Folgen hat das? Vier Gedanken dazu:

1. China ist der unsichtbare Dritte

Wenn Donald Trump diese Woche Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft, wird ein unsichtbarer Dritter mit am Tisch sitzen: Xi Jinping, der Präsident von China. Warum? Weil Trump China schon seit Langem mit Handelssanktionen droht, diese nun umsetzen will und das eine Menge mit Deutschland zu tun hat. Merkel wird dem US-Präsidenten sagen, dass ein Handelskrieg der Weltwirtschaft schadet, vor allem aber Exportstaaten wie Deutschland hart trifft. Sie wird für eine dauerhafte Ausnahme Europas bei den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium werben, und sie wird ihm vielleicht auch sagen, dass höhere Zölle zwischen Washington und Peking Einfuhren der Autokonzerne Daimler und BMW aus den USA nach China verteuern würden.





Trump stört sich zwar besonders am Handelsbilanzdefizit, das die USA mit China haben, und wettert deswegen auch gegen Exportnationen wie Deutschland oder Japan. Aber beide eint die Kritik an China, vor allem wenn es um den Diebstahl geistigen Eigentums und die fehlende Gleichbehandlung geht: In praktisch allen Industriezweigen sind die Bedingungen für ausländische Unternehmen und Investoren erheblich restriktiver als jene, die chinesische Firmen in den offenen Volkswirtschaften Europas und den USA vorfinden. Dazu sind Chinas Unternehmen im Ausland offen wie verdeckt mit Staatsgeldern- und krediten unterwegs. Die in Peking herrschenden Kommunisten wollen diesen Zustand auch so schnell nicht ändern. Falls überhaupt, werden sie allenfalls kosmetische Korrekturen vornehmen.

Merkel und Trump haben also das gleiche Problem mit China, nur das Deutschlands exportorientierte Unternehmen viel mehr auf Geschäfte mit China angewiesen sind. Zumindest mehr als die USA, die weniger von Exporten abhängig sind. Heikel bleibt für Trump aber die hohe Verschuldung gegenüber China, da die Volksrepublik seit Jahrzehnten durchgehend mehr in die USA exportiert, als sie von dort importiert. Mit den eingenommenen US-Dollar kauft China US-Anleihen. Washington geht davon aus, dass Peking diese Schuldpapiere im Wert von 1,2 Billionen US-Dollar nicht plötzlich verkaufen wird – die Gefahr eines rapiden Wertverlustes wäre viel zu hoch.

 
 

Der US-Präsident könnte also gut mit der Bundeskanzlerin und den übrigen EU-Staaten zusammenarbeiten. Doch Trump ist zu sprunghaft und zu sehr auf seine Devise America first fixiert. Außerdem verhandelt er lieber bilateral. Das tun die Chinesen im Übrigen auch. Nimmt man die drei großen Blöcke USA, EU und China, sind die Europäer mit ihrem Multilateralismus gerade ziemlich allein.

Handelsstreit - US-Präsident Trump droht China mit zusätzlichen Zöllen Im Handelsstreit mit China will US-Präsident Donald Trump auf die seiner Ansicht nach »unfaire Vergeltung« reagieren und zusätzliche Zölle im Volumen von 100 Milliarden Dollar gegen das Land verhängen. Auch gegen die EU kündigte Trump Maßnahmen an. © Foto: Susan Walsh/dpa

2. Trump gewinnt (ein bisschen)

Donald Trump will das Freihandelsabkommen Nafta neu verhandeln, aus dem transpazifischem Handelsabkommen TPP erst aus- und jetzt vielleicht wieder einsteigen. Er kritisiert den angeblich unfairen Handel, den weite Teile der Welt gegen die USA betreiben. Das Klimaabkommen von Paris hat er bereits einseitig gekündigt.

Der Rest der Welt steht diesem nationalistischen Gebaren auch mehr als ein Jahr nach Trumps Amtsführung ungläubig gegenüber. Wie soll man mit diesem Präsidenten umgehen? Einem Regierungschef, dem internationale Vereinbarungen schnuppe sind, wenn sie nicht vollumfänglich dem amerikanischen Interesse dienen.

Donald Trump wird für seine Tweets und sein darin offenbartes Nichtwissen über weltwirtschaftliche Zusammenhänge belächelt, teilweise verhöhnt. Aber genau das gereicht ihm zum Vorteil, auch weil in seinen Tiraden manchmal ein Körnchen Wahrheit steckt. Aber statt eine multilaterale Strategie zu entwickeln, wie man diesem, für letztlich alle schädlichen Protektionismus und der Übermacht Chinas begegnen sollte, stehen die Industrieländer Schlange, um von Trump verschont zu werden. Südkorea ist den USA im Streit um Stahlimporte bereits entgegengekommen, um Ausnahmen zu erhalten. Mexiko und Kanada signalisieren Kompromissbereitschaft in Sachen Nafta. Auch die EU will im Streit um mögliche US-Importzölle am liebsten dauerhafte Ausnahmen aushandeln.

Gleichzeitig wird viel über Trumps Mantra "Make America great again" geredet. Unternehmen versprechen neue Jobs in den USA und holen im Ausland geparkte Gewinne zurück. Der amerikanische Aktienmarkt feiert Trumps Steuerreform, die vor allem die Reichen entlastet. Für die amerikanische Wirtschaft insgesamt wird all dies wahrscheinlich von eher geringer Bedeutung sein: Die US-Wirtschaft boomte schon vor Trump, die Arbeitslosigkeit war niedrig und viele Ankündigungen sind nicht mehr als gute Unternehmens-PR.

Aber: Es setzt sich in Teilen der amerikanischen Bevölkerung der Glaube durch, dass Trump Amerika wieder nach vorn bringt. Dass nationaler Egoismus mehr einbringt als multilaterale Regeln und Verträge. Und genau das spielt dem US-Präsidenten in die Hände. Wen interessiert es schon, dass langfristig nur die Schulden und die Ungleichheit in den USA steigen werden und dass man Globalisierung und die damit einhergehenden großen Ungleichgewichte so nicht vernünftig steuern kann?