Technik und Wissen


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Wirft man einen Blick zurück in die Menschheitsgeschichte, so kann man feststellen, dass die technische Entwicklung exponentiell verläuft: Sie hat sich von Jahrhundert zu Jahrhundert beschleunigt und wird in den kommenden Jahrzehnten noch schneller werden. Weltweit steigt die Zahl der Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker immer weiter an; sie "produzieren" immer mehr Wissen, und so werden technische Neuerungen immer rascher entwickelt. Dementsprechend verzeichnen die Märkte für die auf dieser Seite vorgestellten Technologien hohe Wachstumsraten.


 
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Energieerzeugung

 

 

U m den Klimawandel zu bremsen und als Reaktion auf die zurückgehenden Vorräte an fossilen Brennstoffen werden in den kommenden Jahren Verfahren zur Nutzung von erneuerbaren Energien wie z.B. Windkraft, Sonnenenergie, Geothermie, Wasserkraft (inkl. Nutzung der Gezeiten) und Biomasse weiterentwickelt werden. In der EU soll im Jahr 2020 ein Anteil dieser Energien am Energiegesamtverbrauch von 20% und im Jahr 2030 von mindestens 32% erreicht werden (2017: 17,5%). Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass im Jahr 2040 weltweit ein Viertel des Verbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden wird.

Als Alternativen zu Benzin und Diesel wurden in den letzten Jahren zunehmend Bioethanol aus Zuckerrohr und stärkehaltigem Getreide sowie Biodiesel aus Raps- oder Sojaöl produziert. Laut der EU-Richtlinie 2018/2001 sollen die EU-Mitgliedsstaaten ihren Kraftstoffverbrauch im Jahr 2025 zu 1% und 2030 zu mindestens 3,5% mit Biokraftstoffen abdecken. Allerdings erfolgt derzeit die Herstellung von Biokraftstoffen auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion und trägt damit zur Verteuerung von Grundnahrungsmitteln bei. Ferner werden in vielen Teilen der Welt Naturlandschaften (z.B. Urwälder) zerstört, um dort Ölsaaten in Monokulturen anzupflanzen. Jedoch gibt es inzwischen Alternativen: Cellulose-Ethanol und BtL-Kraftstoff ("Biomass to Liquids") werden aus Rohstoffen wie Chinaschilf, Stroh oder Holz und aus organischen Abfallprodukten hergestellt. Laut der Internationalen Energieagentur könnten aus 10% der weltweiten Abfälle der Land- und Forstwirtschaft 125 Milliarden Liter Diesel bzw. 170 Milliarden Liter Ethanol pro Jahr produziert werden, womit reichlich 4% des Kraftstoffverbrauchs im Transportsektor gedeckt werden könnten.

In einigen Jahrzehnten wird auch der Algenkultur eine große Bedeutung zukommen: Da Algen zu 30 bis 60% Öl enthalten und sowohl in Süß- als auch in Salzwasser gezüchtet werden können, lassen sich mit ihrer Hilfe gleich mehrere Probleme lösen: (1) Aus Algen können Biodiesel, Ethanol, Biogas und Hydrogen CO2-neutral gewonnen werden. (2) Für die Algenzucht könnten sowohl Abwässer (z.B. aus der Landwirtschaft) als auch Abgase von mit Kohle betriebenen Kraftwerken verwendet werden. (3) Algen ließen sich auf landwirtschaftlich nicht oder nur wenig genutzten Flächen züchten - auch in Wüstenregionen nahe der Küsten (Nord-/ Ostafrika, Mittlerer Osten, Südwesten der USA usw.). (4) Viele Arten von Algen sind essbar oder könnten als Fisch- bzw. Tierfutter verwendet werden - neu gezüchtete Sorten sind auch reich an Omega-3-Fettsäuren. (5) Aus Algen können wie aus Erdöl Plastik und Grundstoffe für die chemische Industrie gewonnen werden.

Aber auch die Atomenergie hat Zukunft, selbst wenn Deutschland bis Ende 2022 alle verbliebenen AKWs abschalten wird. Weltweit sind 2018 laut der Internationalen Atomenergiebehörde 450 Atomkraftwerke in Betrieb und 55 AKWs im Bau. Weitere sind geplant - darunter auch einige Brutreaktoren. Mit dem Bau von kommerziellen Fusionskraftwerken wird aber erst nach 2040 gerechnet.

In 60 Ländern werden noch neue Kohlekraftwerke gebaut oder sind in Planung. Werden alle Vorhaben realisiert, würde die weltweite Stromproduktion aus Kohle laut der "Global Coal Exit List" von 2019 um fast 29% steigen. Da solche Kraftwerke aber sehr viel Kohlendioxid produzieren und damit zum Klimawandel entscheidend beitragen, wird die Kritik an ihnen immer lauter. Deshalb soll Kohle mit Hilfe der Technik zur Abscheidung der Treibhausgase "sauber" werden. Beispielsweise will RWE Dea in Schleswig-Holstein das Kohlendioxid in einer Tiefe von 2.500 Metern speichern. Durch die energieaufwendige Abscheidung, die Verflüssigung und den Transport dürfte aber der Wirkungsgrad der Kraftwerke um 10 bis 15% sinken. Die Bundesregierung hat im Jahr 2019 beschlossen, dass alle deutschen Kohlekraftwerke bis spätestens 2038 vom Netz genommen werden sollen.

Im Bereich der Energietechnik stehen noch zwei weitere Herausforderungen an: Zum einen müssen Technologien weiterentwickelt werden, die zu mehr Effizienz bei der Energienutzung führen - also z.B. Energiesparlampen, Kraft-Wärme-Kopplung, Brennwertkessel oder Niedrigenergie-Gebäude. Zum anderen muss ein modernes Energienetz geschaffen werden: Off- und Onshore-Windparks, Solarfelder und Solarpanels auf Hausdächern produzieren nicht kontinuierlich Strom, sondern müssen mit traditionellen Kraftwerken und Blockheizkraftwerken vernetzt werden, die bei Bedarf zugeschaltet werden. In solchen "Smart Grids" kann auch der individuelle Verbrauch so gesteuert werden, dass sich z.B. Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Trockner oder Kühlschränke dann von selbst einschalten, wenn Strom besonders billig ist. Außerdem sollen die Zähler anzeigen, welches Gerät wie viel Energie verbraucht. Wenn besonders viel ökologisch erzeugte Energie zur Verfügung steht, könnte diese in ein, zwei Jahrzehnten auch in den Batterien von Elektroautos zwischengespeichert werden. Oder es könnten Kühlhäuser stärker abgekühlt und Schwimmbäder kräftiger geheizt werden, sodass die Kühl- und Heizgeräte zeitweise abgeschaltet werden können, wenn Wind- und Sonnenenergie knapp sind. Nach Schätzungen der Bundesregierung könnte durch ein effizienteres Management der Jahresenergieverbrauch von 2,5 Millionen Haushalten eingespart werden.

Fahrzeugtechnik

Aus Gründen des Klimaschutzes sollen Fahrzeuge in Zukunft nicht nur mit Biokraftstoffen betrieben werden, sondern auch mit Strom. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) gab es 2018 weltweit rund 5,1 Millionen Elektroautos. Ihre Zahl werde bis 2030 auf 130 bis 250 Millionen steigen. Markttreiber sind vor allem China mit 2,6 Millionen und die USA mit 1,1 Millionen Fahrzeugen. Deutschland hinkt mit gerade einmal 142.000 E-Autos dem Trend hinterher. Dem Shell-Konzern zufolge könnten Elektroautos im Jahre 2050 wegen ihrer Attraktivität und Kosteneffizienz zur Norm geworden sind.

Aber auch Brennstoffzellenfahrzeuge werden in den kommenden Jahrzehnten eine weite Verbreitung finden. Die Autohersteller Daimler, BMW, Honda und Toyota, der Gaskonzern Linde und weitere Unternehmen haben sich 2017 zum "Hydrogen Council" zusammengeschlossen und wollen gemeinsam die Technik voranbringen. Zudem könne nach einer Analyse der Unternehmensberatung McKinsey über die Optimierung der Verbrennungsmotoren eine bessere Ökobilanz erreicht werden: Die Emissionen neuer Autos könne so von 170 Gramm Kohlendioxid je Kilometer im Jahr 2008 auf 95 Gramm im Jahr 2030 gesenkt werden.

In den letzten Jahren wurden PKWs und LKWs entwickelt, die sich mit Hilfe von GPS, Radar, Ultraschall und 3D-Kameras selbst steuern können. Sie verfügen über eine 360-Grad-Umgebungserkennung. Automatisiertes Fahren könnte zu weniger Unfällen und damit zu weniger Versicherungsfällen sowie zu weniger Verkehrskontrollen und Gerichtsverfahren wegen Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung führen, aber auch viele Berufskraftfahrer arbeitslos machen. Fahrerloses Fahren ist inzwischen in Kalifornien, Florida und Nevada gesetzlich erlaubt.

Um das Jahr 2025 (intel) oder 2030 (Volkswagen) herum werden PKWs mit anderen Fahrzeugen kommunizieren und selbständig per Autopilot den Weg zum vorgegebenen Ziel finden. Dann werden sie nicht mehr nur ein Transportmittel sein, sondern auch "Büro" und "Zuhause": Da man sich nicht auf den Verkehr konzentrieren muss, kann man Telefonate erledigen, im Internet recherchieren, Filme anschauen oder sich mit geschlossenen Augen entspannen. Zudem wird man keine Zeit mehr mit der Parkplatzsuche verschwenden: Der PKW setzt den Fahrgast dort ab, wo er hin möchte, sucht sich dann selbständig einen Parkplatz und holt den Fahrgast an einer beliebigen Straßenecke wieder ab. Das autonome Fahren könnte auch dazu führen, dass immer mehr Verbraucher auf einen eigenen PKW verzichten und von Mitfahrdiensten, Roboter-Taxis oder Car-Sharing-Angeboten Gebrauch machen werden.

Selbst fahrende und mit anderen Fahrzeugen kommunizierende LKWs (und PKWs) können in Kolonnen mit Minimalabstand fahren und werden dann aufgrund des verminderten Luftwiderstandes weniger Treibstoff verbrauchen. Viele PKWs werden in Zukunft auch fliegen können: Bereits seit 2012 gibt es das "Terrafugia Transition" - ein Auto mit Klappflügeln, dass für 280.000 US $ erworben und mit einer Fluglizenz geflogen werden kann. Ferner werden derzeit Autos entwickelt (z.B. "Moller Skycar", "X-Hawk" und "SkyRider"), die mit Hilfe von Hubrotoren senkrecht aufsteigen und landen können. Die NASA arbeitet bereits an einer "Himmelsautobahn", auf der von einem Computer gesteuerte Flugautos auf mehreren Spuren fliegen könnten.

Flugzeuge werden in Zukunft Treibstoff sparen, wenn sie in von Computern gesteuerten Schwärmen fliegen - oder die Form eines breiten, flachen Flugkörpers ("fliegende Flügel") annehmen. Züge werden immer schneller fahren - z.B. als Magnetschwebebahnen mit bis zu 430 km/h und in Verbindung mit Vakuumtunneln sogar mit höheren Geschwindigkeiten als die Flugzeuge von heute. In Städten wird es Schwebebahnen geben, und Straßenbahnen, die auf Schienen beiderseits der Fahrbahn fahren und so hoch bzw. breit sind, dass sie über den Straßenverkehr gleiten.

Informations- und Kommunikationstechnologie

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind Computer sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich allgegenwärtig. In den kommenden Jahren wird ihre Leistung weiterhin exponentiell zunehmen. Zu diesem Zweck werden auch neue Technologien entwickelt: Beispielsweise hat die Firma D-Wave-Systems im Jahr 2012 mit "D-Wave-One" den ersten kommerziellen Quantencomputer gebaut, der nicht mehr mit digitalen Datenbits - den bekannten Nullen und Einsen - arbeitet, sondern mit Qubits, die sich gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden können. Ferner wird es in absehbarer Zeit Computer mit der Leistungskraft des menschlichen Gehirns geben. Da ein künstliches Hirn nicht an biologische Grenzen stößt, könnte es zu einem "Superhirn" mit einer viel größeren Leistungsfähigkeit weiterentwickelt werden.

Parallel dazu wird an der Verbesserung der Künstlichen Intelligenz (KI) gearbeitet. Bei einer Umfrage des IT-Anbieters Infosys von 2017 berichteten drei Viertel der befragten 1.000 Führungskräfte, dass KI bereits in größerem Rahmen in ihren Unternehmen eingesetzt werde. Einer Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little von 2019 zufolge könnte in Deutschland das Umsatz- und Kosteneinsparpotenzial durch KI bis 2025 alleine in den Branche "Handel, Konsum" bei 97,5 und in der Branche "Energie, Umwelt, Chemie" bei 96,3 Milliarden Euro liegen. Letztendlich ist das Ziel, einen denkenden Computer mit eigener Persönlichkeit zu entwickeln. Der Erfinder und Sachbuchautor Raymond Kurzweil geht davon aus, dass nur eine solche "Singularität" auf Dauer mit dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt mithalten kann - und diesen weiter beschleunigen wird. So würde die künstliche Intelligenz bereits in den 2040er Jahren tausende Mal klüger als die menschliche Rasse sein.




 

In Zukunft werden immer mehr Erfindungen mit Hilfe "evolutionärer" Computerprogramme gemacht werden, wie sie schon jetzt z.B. von der NASA verwendet werden. Hier wird das zu entwickelnde Produkt zunächst genau definiert. Der Computer produziert dann eine erste Generation möglicher Produkte nach dem Zufallsprinzip. Mit Hilfe von Simulationen wird erfasst, inwieweit sie den Spezifikationen entsprechen. Danach werden - wie bei der Evolution - die ungeeigneten Produkte eliminiert ("natürliche Auslese") und bessere Versionen variiert ("Mutationen") oder miteinander verschmolzen ("Paarung"). Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis die Simulationen ergeben, dass das Endprodukt "perfekt" ist. Da die Software nicht mit so vielen "Voreinstellungen" wie menschliche Erfinder arbeitet, können ganz überraschende Designs zustande kommen und neuartige Materialien verwendet werden. Auch Probleme unterschiedlichster Art könnten mit Hilfe evolutionärer Algorithmen gelöst werden.

Eine weite Verbreitung werden die RFID-Systeme ("Radio-Frequency Identification") finden, mit deren Hilfe Gegenstände und Lebewesen automatisch identifiziert und lokalisiert werden können. RFID-Transponder, die so klein wie ein Reiskorn sein können, speichern und übertragen Daten. So sind z.B. ein papierloser Transport und - in absehbarer Zeit - automatische Kassensysteme in Supermärkten und Kaufhäusern möglich. Auch wird es weniger Diebstähle geben, wenn alle (wertvollen) Gegenstände dank eingebauter Chips jederzeit lokalisiert werden können.

In den kommenden Jahren werden immer mehr Gegenstände im "Internet der Dinge" miteinander kommunizieren. Nach verschiedenen Prognosen werde es 2020 rund 30 Milliarden und 2025 bereits 75 Milliarden vernetzte Geräte auf der Erde geben. Der Auswertung der von ihnen erzeugten Daten ("Big Data") wird eine immer größere Bedeutung zukommen.

Anstatt über Tastaturen werden Daten zunehmend per gesprochene Sprache eingegeben. Inzwischen kennen viele Geräte die Stimme ihrer Besitzer und werden über diese gesteuert. Aber auch die Gesichtserkennung wird immer besser: Schon jetzt schalten sich Smartphones ein, wenn sie ihren Eigentümer "sehen". Bald werden sich dann auch Wohnungs- oder Autotüren von selbst öffnen.

Die Informationstechnik wird zunehmend von Verkehrsleitsystemen verwendet werden, die Ampelphasen optimieren, Umleitungen empfehlen, Warnmeldungen direkt von Autos an andere Fahrzeuge weitergeben und Fahrer auf dem kürzesten Weg zu freien Parkplätzen führen. So könnte der Verkehr wieder fließen - in manchen asiatischen Großstädten liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit derzeit bei weniger als 10 km in der Stunde.

Der Personennahverkehr wird durch vollautomatische Metrosysteme optimiert werden, bei denen sich die Kapazität jederzeit an die Nachfrage anpasst. In New York können die Taktzeiten in der Rushhour schon auf 1,5 Minuten verkürzt werden. Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr kann das Smartphone bereits jetzt als "digitaler Lotse" verwendet werden, der Kunden durch den Dschungel von Fahrplänen und Tarifen hilft. Auch das Bezahlen von Fahrkarten, Parkgebühren und anderen (kleineren) Beträgen wird zunehmend über Smartphones abgewickelt.

Personal Computer werden zunehmend durch Notebooks und Tablets ersetzt, mit denen immer und überall das Internet genutzt werden kann. Aber auch mit dem Smartphone wird auf das Internet zugegriffen. So werden immer mehr Apps und Dienste nur noch für mobile Geräte entwickelt. Laut den Basisdaten zur Mediennutzung von ARD-Werbung nutzten im Jahr 2018 bereits 90,3% der Deutschen ab 14 Jahren das Internet, und zwar für 196 Minuten pro Tag - die 14- bis 29-Jährigen sogar für 353 Minuten.

Ende 2018 hatte bereits mehr als die Hälfte der Menschheit Zugang zum Internet. Dieses wird in den kommenden Jahren noch schneller werden. Derzeit wird in Deutschland der Mobilfunkstandard der fünften Generation, kurz 5G, eingeführt. Dann sind Datenraten von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde möglich.

Zugleich wird das Internet immer sozialer. Im Jahr 2019 verzeichneten laut Statista z.B. Facebook weltweit 2,45 Milliarden, YouTube 1,9 Milliarden und WhatsApp 1,5 Milliarden aktive Nutzer. Je mehr persönliche Informationen Menschen bewusst oder unabsichtlich im Internet (auf sozialen Websites, in Blogs, bei Einkäufen usw.) preisgeben, umso lohnender wird es für Unternehmen, diese Daten zu erfassen und dann z.B. personalisierte Werbung zu versenden. Alle Informationen können auf Dauer gespeichert werden - so bleiben beispielsweise "Jugendsünden" auf Jahrzehnte hinweg dokumentiert. Zudem kann bei Verwendung mobiler Geräte wie Smartphones oder Tablets der Platz bestimmt werden, an dem sich die jeweilige Person befindet, sodass auch ortsbezogene Werbung möglich wird.

Ferner werden Menschen zunehmend über soziale Netzwerke manipuliert. So wurde festgestellt, dass z.B. vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsident das Internet mit "fake news" geradezu überschwemmt wurde - bis hin zu "hate speech". Solche Falschnachrichten verbreiten sich rasant, wenn sie von vielen Menschen geteilt werden. Inzwischen gibt es auch "social bots", kleine Computerprogramme, die in sozialen Netzwerken menschliche Nutzer simulieren. Sie reagieren z.B. auf spezifische Hashtags, setzen dann bestimmte Informationen ab oder initiieren neue Tweets. Zugleich entstehen im Internet "Echo-Räume", in denen sich Menschen aufhalten, die einer bestimmten Ideologie oder politischen Richtung anhängen bzw. eine ähnliche Meinung haben. Sie abonnieren jene Kanäle, deren Feeds ihre Sicht der Dinge bestätigen, und tauschen sich vorwiegend mit Gleichgesinnten aus.

Hinzu kommt, dass immer mehr Daten über den einzelnen Menschen von Dritten gesammelt und gespeichert werden: im Gesundheitssystem, von Banken und Versicherungen, von Behörden, von Telefongesellschaften durch das Lokalisieren von Smartphones, von Geheimdiensten durch das Abhören von Telefongesprächen und Interaktionen im Web, durch Überwachungskameras, dank der Einbettung von RFID-Tags in der Kleidung usw. Somit werden Datenschutz und Privatsphäre immer weniger gegeben sein. Niemand wird mehr die völlige Kontrolle über die Weitergabe und Verwendung persönlicher Daten haben.


 
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Künstler, Ideologiekritiker und Aktivist


  Info

 

Wie weit dies gehen kann, zeigt das Beispiel China: Hier soll im Jahr 2020 ein landesweites "Sozialkredit-System" eingeführt werden, das schon seit mehreren Jahren in vielen Großstädten getestet wird. Dazu werden systematisch Daten über das berufliche und soziale Verhalten eines jeden Bürgers, seine Zahlungsmoral und sein Kommunikationsverhalten (in sozialen Medien) gesammelt, zusammengeführt und bewertet. Pluspunkte werden bei Wohlverhalten, besonderen beruflichen Leistungen, Vertrauenswürdigkeit, wohltätiger Arbeit usw. vergeben und z.B. mit einer Beförderung, einem leichteren Zugang zu Krediten, der Zulassung zu besseren Hochschulen, der Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei oder einer öffentlichen Belobigung belohnt. Minuspunkte sind bei Gesetzesverstößen, Verkehrsdelikten, Steuerrückständen, kritischen Aussagen über das politische System, unhöflichem Verhalten, Umweltverschmutzung oder mangelnder Versorgung alter Eltern fällig und werden beispielsweise mit dem Verbot des Erwerbs von Immobilien und Wertpapieren oder mit Mobilitätseinschränkungen sanktioniert (2018 durften Chinesen in 17,5 Millionen Fällen keine Flugtickets und in 5,5 Millionen Fällen keine Fahrkarten für Fernzüge kaufen). Neben Bürgern haben auch Unternehmen ein Sozialkredit-Konto und werden dem Punkestand entsprechend gefördert oder bestraft. In China hat ein solches staatliches Bewertungs- und Steuerungssystem viele Befürworter, aber auch in Deutschland wird es nicht von allen Menschen abgelehnt: Laut einer repräsentativen Studie von YouGov und Sinus-Institut würden 17% aller Befragten ein derartiges System für Deutschland befürworten; weitere 15% hatten zu dieser Frage keine Meinung und lehnten ein digitales Kontrollsystem somit nicht grundsätzlich ab.

 

Andere digitale Risiken sind Identitätsdiebstahl und Internetkriminalität. Deshalb wird in den kommenden Jahren die eindeutige Identifizierung von Personen im Internet immer wichtiger werden - sie ist eine wesentliche Voraussetzung für eine sichere digitale Kommunikation. So dürften zunehmend biometrische Verfahren wie Iris- oder Fingerabdruckscanner zum Identitätsnachweis verwendet werden.

Aber auch Unternehmen und Behörden sind gefährdet, da bei dem rasch expandierenden Cloud Computing immer mehr Programme über das Internet genutzt und immer mehr Daten online in zentralen Datenzentren gespeichert werden. Beispielsweise nutzten im Jahr 2017 laut einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research bereits 73% der deutschen Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern Cloud Computing. So werden Wirtschaft und Staat immer verletzlicher; Hacking und sogar "Cyberwars" sind reale Bedrohungen. Im Jahr 2018 führten Cyberangriffe schon zu Verlusten von schätzungsweise 400 Milliarden US $. Allerdings sind Clouds auch ein großes Geschäft - die Marktforscher Gartner Inc. rechnen mit einer Steigerung der Erlöse von 214,3 Milliarden US $ im Jahr 2019 auf 331,2 Milliarden im Jahr 2022.

Im Freizeitbereich setzen sich internetfähige Smart-TV-Geräte mit Full HD oder Ultra HD durch. Immer mehr Menschen werden Video-on-Demand nutzen, da dank Breitbandanschluss, Highspeed-Netz und Glasfaserverbindungen immer größere Datenmengen übertragen werden können. Im Jahr 2019 griffen laut Goldmedia bereits 20% aller Internetnutzer in Deutschland auf kostenpflichtige VoD-Angebote zu und gaben dafür 750 Millionen Euro aus.

Laut Statista gab es 2019 mehr als 34 Millionen Nutzer von Video- oder Computerspielen in Deutschland - mit einem Durchschnittsalter von mehr als 36 Jahren. In den kommenden Jahren werden Menschen immer mehr Zeit in virtuellen Welten verbringen - ein Treffen von Avatars ist dann genauso wirklich wie ein Telefonat. Zudem werden Internetnutzer sich immer häufiger an Rollenspielen beteiligen. In wenigen Jahren wird die dreidimensionale Computergrafik über Brillen bzw. Helme direkt auf die Retina projiziert werden. Dann wird das vollständige Eintauchen in eine in Echtzeit computergenerierte, interaktive virtuelle Umgebung zur Realität werden.

Roboter und Androiden

Die Robotik wird sich in den kommenden Jahren zu einer Großindustrie entwickeln. Laut der International Federation of Robotics betrug der weltweite Bestand an Industrierobotern 2.439.543 Einheiten (2018). In den nächsten Jahren wäre mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 12% pro Jahr zu rechnen. Die höchste Roboterdichte in der Fertigungsindustrie gibt es in Singapur mit 831 Industrierobotern pro 10.000 Beschäftigte, gefolgt von Südkorea (774 Roboter) und Deutschland (338 Roboter). Die Zahl der weltweit verkauften Industrieroboter wird von 422.000 im Jahr 2018 auf 584.000 im Jahr 2022 steigen, die Zahl der "Domestic Service Robots" von 16,3 auf 61,1 Millionen, der "Professional Service Robots" von 271.000 auf 1 Million sowie der in der Logistik eingesetzten Roboter von 111.000 auf 712.000.

In Fabriken werden immer mehr Arbeitsgänge von Robotern übernommen; diese werden in Zukunft aber auch im Hoch- und Tiefbau sowie in vielen anderen Wirtschaftszweigen eingesetzt werden. Es werden Roboter für die Internationale Weltraumstation, sechsbeinige Roboter für zukünftige Einsätze auf dem Mond (sie können nicht umkippen), Unterwasserroboter für die Erkundung der Tiefsee und die Arbeit in trüben Hafenbecken sowie landwirtschaftliche Roboter für das Melken von Kühen oder das Ernten von (Feld-) Früchten gebaut. In vielen Krankenhäusern werden Roboter bei Operationen eingesetzt - zwei Fünftel der amerikanischen Hospitäler werben auf ihren Websites für solche Operationen.

Inzwischen empfangen Roboter Besucher im Foyer von Firmen und Behörden, überwachen ein Gebäude bzw. Gelände, rollen mit dem Staubsauger durch Gänge oder wischen Fußböden. In Japan kann man eine Einkaufsliste an einen Supermarkt senden, und schon flitzt ein Roboter durch die Regalreihen und scannt die Produkte. Kommt der Kunde, begrüßt der Roboter ihn am Eingang und führt ihn zu den Produkten. Zugleich macht er Vorschläge zum Einkauf. In Kantinen und Heimen schneiden Roboter Gemüse, garnieren Sushi-Gerichte, servieren Essen und füttern Pflegebedürftige mit dem Löffel. Sie können gehbehinderte Menschen transportieren und Patienten nach Operationen bei der Rehabilitation helfen.

Roboter werden auch im militärischen Bereich eine große Rolle spielen: So können Roboter bereits für das Erkunden feindlichen Terrains, den Transport schwerer Lasten, die Minensuche und das Sprengen von Bomben eingesetzt werden. In Zukunft wird es eine automatisierte Kriegsführung geben, bei der Drohnen und Kampfroboter die "militärische Drecksarbeit" erledigen. Neben bewaffneten oder Bomben tragenden Drohnen wird es dann auch insektengroße geben, die beim Erkunden feindlicher Stellungen unbemerkt bleiben. Erste Modelle wie der "Nano-Kolibri" von Aerovironment oder die "SilMach-Libelle" werden bereits erprobt.

Ferner werden Roboter für das Alltagsleben entwickelt: In wenigen Jahren werden Roboter Einkäufe nach Hause tragen, die Wohnung putzen und am Abend mit Musikdarbietungen unterhalten. So wurden bereits Roboter entwickelt, die z.B. singen oder Violine spielen können. Zugleich werden die Roboter dem Menschen immer ähnlicher: Beispielsweise wurde die Androide "Repilee Q2" der japanischen TV-Moderatorin Ayako Fujii nachempfunden - auf den ersten Eindruck wirkt sie wie ein Mensch. Auch können Roboter immer besser kommunizieren - Roboter "Jules" von Hanson Robotics kann bereits komplexe Konversationen mit seinen menschlichen Gesprächspartnern führen. Kinder behandeln Androide wie Gleichgestellte und erkundigen sich z.B. nach deren Alter, Lieblingsfarbe usw.; Erwachsene trauen hingegen eher Robotern, die wie Maschinen aussehen, und gehen mit ihnen wie mit Untergebenen bzw. Dienern um. Dies könnte sich aber bald ändern: In 10 bis 15 Jahren könnten Androide Spielkameraden von Kindern, Sexualpartner von Erwachsenen oder Lebensgefährten von vereinsamten Senioren sein.

Der Wissenschaftsautor David Levy geht davon aus, dass um das Jahr 2050 herum Roboter auch ein dem Menschen ähnliches Bewusstsein und Gefühle haben werden. "Emotionen" könnten immer besser gezeigt werden, da sie von typischen Gesichtsausdrücken, die universell ähnlich sind, begleitet werden. So können bereits Wut, Liebe oder Freude täuschend ähnlich simuliert werden. Wenn sich Roboter wie Personen verhalten, wird es Menschen geben, die Androiden gegenüber Gefühle empfinden und sich sogar in sie verlieben.

Je besser die künstliche Intelligenz wird, umso klüger werden auch die Roboter werden: Hans Peter Moravec von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh geht davon aus, dass sie bis 2020 die Intelligenz von Säugetieren, bis 2030 diejenige von Primaten und bis 2040 diejenige von Menschen haben werden. Sie werden zunehmend lernfähig sein (durch Nachahmung, Reflexion, Vorausdenken etc.) und dank unterschiedlicher Konstruktionsformen auch Aufgaben übernehmen, die Menschen nicht erledigen können.

Nach 2040 werden Roboter intelligenter und leistungsfähiger als Menschen sein. Auch können sie jederzeit auf das gesamte Wissen in der Cloud zurückgreifen. Roboter werden ihre eigenen "Nachkommen" konstruieren, die immer besser - und den Menschen weit überlegen - sein werden. Da sie nicht atmen müssen und sich für längere Zeit abschalten können, werden sie weiter ins Weltall vorstoßen als Menschen und könnten auf dem Mond und anderen Planeten Bergwerke und Fabriken betreiben. Schließlich werden sich Superintelligenzen formen, die u.U. die Weltherrschaft übernehmen, die Erde umgestalten und vielleicht sogar die Menschen ersetzen könnten - die eventuell noch als Uploads in der Cloud weiter existieren werden...

Die Eroberung des Weltraums

Über Jahrzehnte hinweg waren die USA und die Sowjetunion die einzigen Staaten, die bemannte Raumflüge durchführen und den Mond erreichen konnten. Im Jahr 2003 hat dann China den ersten "Taikonauten" mit einem Raumschiff in die Erdumlaufbahn geschickt, vier Jahre später wurde eine Raumsonde zum Mond gesandt, und 2011 folgte die Weltraumstation Tiangong 1. Unbemannte Mondmissionen wurden inzwischen auch von Japan und Indien durchgeführt.

In den USA ist die Raumfahrt in den letzten Jahren zunehmend privatisiert worden: Beispielsweise werden inzwischen "Antares"-Raketen und "Cygnus"-Raumschiffe der Orbital Sciences Corporation sowie "Falcon 9"-Raketen und "Dragon"-Raumschiffe der Space X Corporation für Transporte zur Internationalen Raumstation (ISS) eingesetzt. Auch der Weltraumtourismus soll in den kommenden Jahren ausgebaut werden.

Um das Jahr 2025 herum könnte eine bemannte Raumstation um den Mond kreisen, die von NASA, Roskosmos und anderen Raumfahrtbehörden nach dem Vorbild der ISS betrieben wird. Russland will bis 2030 erstmals einen Kosmonauten auf dem Mond landen lassen. Bernard Foing, Chef-Wissenschaftler der ESA, hält eine bemannte Raumstation auf dem Mond bis 2030 für möglich. Um die Mitte der 2030er Jahre herum könnten die ersten Menschen zum Mars fliegen - aufgrund der hohen Kosten wahrscheinlich im Rahmen einer von mehreren Ländern finanzierten Mission. Pläne, Rohstoffe auf Planeten oder Kometen abzubauen, im Weltraum künstliche Lebensräume für eine größere Anzahl von Menschen zu schaffen oder andere Sternensysteme zu erreichen, werden aber noch auf absehbare Zeit Utopien bleiben.

Nanotechnologie

Seit einigen Jahren werden in der Industrie zunehmend Nanopartikel eingesetzt, die aus wenigen bis einigen tausend Atomen oder Molekülen bestehen. Beispielsweise werden Nanoteilchen aus Titandioxid, Carbon Black, pyrogenen Kieselsäuren, Siliziumdioxid usw. in der Kosmetik (für die optische Faltenreduzierung, als UV-Filter in Sonnenschutzcremes usw.), bei der Herstellung von Farben (als Effektpigmente, als Bindemittel, für selbstreinigende Oberflächen), in der Elektronik (zum Polieren von Silizium-Wafern), in der Medizintechnik (als Transportmedium für Medikamente, für die antibakterielle Beschichtung von Instrumenten, als Kontrastmittel für bildgebende Verfahren, für biokompatible Implantate), in der Reifenindustrie (zur Erhöhung der Abriebbeständigkeit, Haftung und Elastizität) und bei der Herstellung von Kunststoffen (als Verdickungsmittel, als Schwarzpigment) eingesetzt.

Nanopartikel eignen sich hervorragend als Katalysatoren chemischer Reaktionen, sei es in der technischen Produktion oder in der Abgasreinigung. Nanoröhrchen aus Kohlenstoff sind härter als Stahl, leiten Elektrizität nahezu widerstandslos, filtern Substanzen, die durch sie hindurchlaufen, und können in ihrem Inneren andere Materialien speichern.

Mit der zunehmenden Produktion von Nanopartikeln werden diese immer häufiger in den Boden, das Wasser und die Luft gelangen. Damit kann durchaus eine Gesundheitsgefährdung verbunden sein. Deshalb hat die EU im Jahr 2012 die Registrierungspflicht nach dem Chemikalienrecht REACH auf Nanomaterialien ausgeweitet. Ferner wurden Verordnungen zu Nanobestandteilen in Kosmetika, Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Produkten erlassen.

Mit Hilfe der Nanotechnologie soll Materie auf der atomaren Ebene so manipuliert werden, dass bestimmte Nanostrukturen produziert werden. Durch diese molekulare Fertigung können kleinste Geräte und Motoren entstehen. Beispielsweise wurde an der University of Michigan der "Micro Mote" entwickelt: Es ist so groß wie ein Sandkorn, enthält einen Prozessor und einen Datenspeicher, besitzt eine Internetverbindung und ist dank einer Solarzelle vom Stromnetz unabhängig.

Laut dem Technikautor Andreas Eschbach wird es in Zukunft Nano-Chips geben, mit denen sich Computer weiter verkleinern lassen, Miniatur-Roboter, die im Blutkreislauf schwimmen, nicht mehr funktionierende Zellen reparieren und Krebszellen zerstören, und Nanoassembler (auch "Replikatoren" genannt), die aus einzelnen Atomen nahezu alles - auch sich selbst - produzieren oder jegliche Art von "Müll" in wieder verwertbare Atome zerlegen können. Einer Studie der Universität Stuttgart zufolge liegen in der Nutzung von Nanotechnologien auch Chancen für die Reduzierung des Energieverbrauchs. So könnten die 15 untersuchten Technologien, die alle eine Nanokomponente haben, den Endenergieverbrauch bis 2030 um bis zu 6,7% gegenüber dem Jahr 2005 senken.

Gentechnik und Biotechnologie

Die Gentechnik dürfte vor allem mit Blick auf eine effizientere Landwirtschaft, eine gesündere Ernährung und eine effektivere Produktion nachwachsender Rohstoffe weiterentwickelt werden. Im Jahr 2018 wurden gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit auf 191,7 Millionen Hektar angebaut (zum Vergleich: die Gesamtfläche Deutschlands umfasst 35,7 Millionen Hektar). Dabei handelte es sich vor allem um Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps. Mit gentechnisch verändertem Saatgut wurde 2016 weltweit ein Umsatz von 15,8 Milliarden $ erzielt.

Die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen sind Produkte der 1. Generation, die hinsichtlich ihrer Resistenz gegenüber Insektiziden und Herbiziden manipuliert wurden, die gegenüber der weltweit zunehmenden Trockenheit widerstandsfähiger sind oder die besser mit versalzenen Böden zurechtkommen. Nun werden Produkte der 2. Generation entwickelt, die gesünder sein sollen oder von der Industrie benötigte Substanzen liefern können. Beispielsweise wird der "Golden Rice" dank neuer Gene mit Vitamin A angereichert, während die "gv-Banane" einen erhöhten Gehalt an Vitamin E, Provitamin A und Eisen aufweist. Ferner wird der Stoffwechsel von Ölpflanzen mit Hilfe von aus Algen stammenden Genen optimiert, um Omega-3 Fettsäuren herzustellen. Vom Mais stammende C4-Gene sollen in Getreidesorten transplantiert werden, da diese dann Sonnenlicht und Kohlendioxid besser nutzen könnten, was die Erträge um rund die Hälfte erhöhen würde.

Mit Hilfe der Gentechnik wird auch das Erbgut von Tieren, Insekten und Pilzen verändert. Beispielsweise sollen Mücken gezüchtet werden, die kein Malaria übertragen können und allmählich die als Überträger wirkenden Anophelesarten verdrängen sollen. Durch neu entwickelte Pilze sollen Schadinsekten infiziert und deren Häufigkeit reduziert oder schädliche Pilze verdrängt werden. Und in Australien versucht man Viren zu züchten, mit denen man der Kaninchenplage Herr werden kann.

Die Biotechnologie befasst sich mit der Nutzung von Enzymen, Zellen und ganzen Organismen in technischen Anwendungen. Mit ihrer Hilfe werden in Zukunft neue Medikamente oder diagnostische Tests entwickelt, Enzyme und chemische Verbindungen produziert und effizientere Verfahren zur Herstellung von Alltagsprodukten wie Waschmittel und Kosmetika geschaffen werden. Beispielsweise machten Biopharmazeutika mit 10,2 Milliarden Euro im Jahr 2017 bereits 26% des Gesamtumsatzes am deutschen Pharmamarkt aus. Eine immer größer werdende Bedeutung bekommt auch die Bioinformatik, die sich mit der Computer gestützten Speicherung, Organisation und Analyse biologischer Daten befasst sowie komplexe biologische Prozesse berechnet und simuliert.

Selbst Lebensmittel wie z.B. Milch, Gelatine, Fisch oder Shrimps werden zunehmend mit Hilfe der Biotechnologie hergestellt werden. Beispielsweise findet gerade ein Wettrennen zwischen verschiedenen Instituten statt, ob man am kostengünstigsten Rindfleisch aus einzelnen Zellen züchten oder durch ein rein vegetarisches Produkt ersetzen kann, das wie Fleisch aussieht und auch so schmeckt. Das Ziel ist eine "tierfreie Gesellschaft", in der nicht mehr Millionen von Rindern, Schweinen und Hühnern in engen Ställen "dahinvegetieren" müssen. Dann würden auch die von ihnen produzierten klimaschädlichen Gase wegfallen, die derzeit mit knapp 15% zur Luftverschmutzung beitragen.

Die "Aufwertung" des Menschen

Die Gentechnik lässt sich natürlich auch auf den Menschen anwenden. Zunächst dürfte die Genanalyse zum Erkennen von Krankheitsrisiken und zur Abstimmung der Ernährung an Bedeutung gewinnen. Schon heute kann jeder sein Erbgut sequenzieren lassen bzw. sich Gentests unterziehen. Ferner wird immer häufiger von der biochemisch-molekularbiologischen Diagnostik Gebrauch gemacht werden. Auf diese Weise wird die Medizin personalisiert, d.h. kranke Menschen werden unter weitgehender Berücksichtigung ihrer individuellen Eigenschaften behandelt werden. Biochemische Behandlungsverfahren, genetische Modifikationen (z.B. an befruchteten Eizellen), künstliche Gene und Gentherapie werden folgen - aber wohl kaum das Klonen von Menschen. Um das Jahr 2050 herum wird wahrscheinlich die gezielte Aktivierung von Genen möglich sein, die den Alterungsprozess verlangsamen.

In absehbarer Zeit wird man laut dem Zukunftsforscher Matthias Horx Eigenschaften von Kindern wie Augen- oder Haarfarbe vorab festlegen können - aber wohl kaum solche wie Intelligenz oder besondere Begabungen: Bildung, Klugheit, musikalisches oder künstlerisches Talent, sportliche Leistungsfähigkeit, ein gesunder Körper usw. seien in erster Linie vom (Lern-) Verhalten des Kindes bzw. Erwachsenen abhängig. Arthur Caplan von der University of Pennsylvania ist hingegen der Meinung, dass schon in 20 bis 25 Jahren dank Gentechnik und künstlicher Uteri "perfekte" Babys geschaffen werden könnten. Damit wäre die Gefahr verbunden, dass nur reiche Menschen die Kosten schultern könnten und damit ihren Kindern Vorteile verschaffen würden oder dass Kinder wie Objekte behandelt und von ihren Eigenschaften her immer ähnlicher werden. Abtreibungen würden nicht mehr zum Tod des Fötus führen, da sich dieser in einer künstlichen Gebärmutter weiter entwickeln könne.

Dank zu erwartender Fortschritte in Medizin und Medizintechnik werden Menschen immer gesünder sein und immer älter werden. So werden in den kommenden ein, zwei Jahrzehnten vermutlich Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, AIDS, Parkinson oder Alzheimer heilbar sein. Große Hoffnungen werden auch in die Immuntherapie gesetzt. Dementsprechend könnte laut einer Studie des Imperial College London die Lebenserwartung von deutschen Männern bis 2030 auf 82 Jahre und von deutschen Frauen auf knapp 86 Jahre steigen. Allerdings könnte die rasante Zunahme Antibiotika-resistenter Erreger dazu führen, dass wieder mehr Menschen an reinen Infektionskrankheiten sterben werden.

Inzwischen gibt es künstliche Haut, Knochen und Blutzellen - sowie Fingerspitzen, Ohren, Harnröhren und Herzklappen, die aus körpereigenen Stammzellen gezüchtet wurden. Laut Dieter Falkenhagen von der Donau-Universität Krems können immer mehr Organfunktionen erfolgreich ersetzt werden - zum einen durch Systeme aus Materialien wie Kunststoff oder Metallen, zum anderen durch bioartifizielle Systeme, für die biologische Materialien technisch bearbeitet wurden. Falkenhagen geht davon aus, dass die Funktionen des Herzens, der Nieren und des Pankreas bis Mitte des 21. Jahrhunderts längerfristig von künstlichen Systemen übernommen werden können. Die Funktionen von Lunge und Leber seien hingegen sehr komplex und werden wohl auch im Jahr 2050 nicht komplett substituiert werden können.

Überraschend viel ist heute schon möglich: Blinde können dank Sehprothese, Sehchips oder elektronischem Auge sehen; Gehörlose können dank eines Cochleaimplantats wieder hören; körperlich Behinderte können bionische Prothesen direkt über das Nervensystem steuern; und durch einen Gehirnschlag Gelähmte können einen Roboterarm über ein Interface in der Hirnrinde bewegen, das einzelne Neuronen im Motorkortex mit Mikroelektroden verbindet. Bei einem neu entwickelten Hightech-Arm ist die Hand fast so beweglich wie eine Menschenhand; bei der US Air Force befindet sich ein Pilot mit einem künstlichen Bein im aktiven Dienst; bei den Olympischen Spielen 2012 nahm ein Sportler am 400m-Lauf und an der 4x400m-Staffel teil, dessen Füße und Unterschenkel unterhalb des Knies amputiert worden waren. Inzwischen gibt es Exoskelette, mit deren Hilfe Menschen trotz gelähmter Beine gehen - oder gesunde Menschen schwere Lasten tragen - können.

Die Hirnforschung wird wahrscheinlich noch vor dem Jahr 2030 die meisten Geheimnisse des menschlichen Gehirns entschlüsselt haben. Aber schon vorher werden Methoden zur Optimierung des Gehirns entwickelt werden. Dazu werden Tiefenhirnstimulation und Medikamente gehören, mit deren Hilfe Konzentration, Lernen und Gedächtnis gefördert werden können oder die Menschen mit weniger Schlaf auskommen lassen.

Neue, von der Hirnforschung noch zu entwickelnde diagnostische Verfahren könnten dazu benutzt werden, frühzeitig besondere Begabungen zu ermitteln, Lernprogramme zu individualisieren, den Fähigkeiten der jeweiligen Person entsprechende Berufe vorzuschlagen, Arbeitnehmer gezielt für bestimmte Aufgaben auszuwählen oder psychische Krankheiten noch im Entstehungsprozess zu entdecken. Gehirnmessungen könnten in der Zukunft nicht nur verwendet werden, um Verbrecher zu überführen, sondern auch helfen, betrügerische und kriminelle Machenschaften zu verhindern. In den USA gibt es bereits Firmen, die behaupten, mit dem Hirnscanner Lügen besser erkennen zu können als mit klassischen Lügendetektoren. So könne ein weitreichender Einsatz von diesen Geräten zu einer "aufrichtigen Gesellschaft" führen.

Laut Susan Greenfield, Professorin am Lincoln College in Oxford, könnte in absehbarer Zeit das Gehirn technologisch so verbessert werden, dass in ihm künstliche Welten mit Hilfe von Implantaten oder Neurotelepathie erzeugt werden können. Viele Menschen würden dann lieber in virtuellen Welten als in der Wirklichkeit leben; virtuelle Kontakte würden immer mehr persönliche Beziehungen ersetzen. Auch die meisten menschlichen Bedürfnisse könnten dann künstlich befriedigt werden. Die Unterscheidung von Realität und Fiktion werde immer schwieriger werden.

Das Gehirn wird technologisch immer mehr aufgewertet werden - z.B. durch Bio-Chips oder durch Schnittstellen, über die es mit einem Computer verbunden werden kann und über die dann ein "Download" von Informationen möglich wäre. Das Gehirn könnte über diese Schnittstellen Maschinen steuern oder direkt auf das Internet und die dort gespeicherten Wissensbestände zurückgreifen. Aber auch die im Gehirn gespeicherten Daten ließen sich dann in einen Computer übertragen. Durch einen solchen "Upload" könnten nicht nur das Wissen und das Gedächtnis, sondern auch die Persönlichkeit und Psyche eines gerade gestorbenen Menschen transferiert werden. Dann würde ein Individuum im Computer (oder in einem Roboter) weiterleben. Technisch könnte das Verfahren so ablaufen, dass das Gehirn in dünnste Scheiben geschnitten und diese dann eingescannt werden. Anschließend würden die enthaltenen Daten durch ein Computerprogramm extrahiert und wieder zusammengesetzt werden.

Der Zukunftsforscher Ray Kurzweil geht davon aus, dass das menschliche Gehirn schon in wenigen Jahren nicht mehr den Ansprüchen einer immer komplexer werdenden, hoch technisierten Welt genügen wird. Dann könnte es Atom für Atom mit Hilfe der Nanotechnologie nachgebaut, dabei die Zahl der Neuronen und Synapsen erhöht sowie zusätzliche sensorische und intellektuelle Fähigkeiten ermöglicht werden. Da bisher die Gehirnentwicklung in hohem Maße durch soziale Interaktionen und Erfahrungen geprägt wird, diese aber bei nanotechnologisch hergestellten Gehirnen keine Rolle spielen, bleibt jedoch offen, ob es dann noch ein menschliches Bewusstsein, Emotionen, Sensibilität und Empathie geben wird.

So wird sich in den kommenden Jahrzehnten die Entwicklung des Menschen hin zum Cyborg beschleunigen. Neben Gentechnik und Medikamenten werden dann auch künstliche Gliedmaßen oder Neuroimplantate genutzt werden, um Menschen leistungsfähiger zu machen. Ramez Naam, Zukunftsforscher und Software-Ingenieur bei Microsoft, sieht darin einen Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb. Mit Hilfe von Biotechnologie und Minichips könnten intelligentere, stärkere und sogar perfekte Menschen entstehen. Allerdings bestehe die Gefahr, dass technisch verbesserte "Super-Menschen" (in reichen Ländern) "normale" Menschen (im eigenen oder in ärmeren Ländern) als "minderwertig" betrachten und unterdrücken könnten.

Nach 2040 wird es immer schwerer werden, zwischen Cyborgs und Androiden zu unterscheiden - Letztere werden dann ja wie Menschen aussehen, fühlen und handeln. So wird sich eine komplexe "Mensch-Maschinen-Zivilisation" herausbilden und dynamisch weiterentwickeln. Cyborgs werden aber im Gegensatz zu Robotern immer wieder an ihre biologischen Grenzen stoßen...

Wissensgesellschaft

Während der derzeitigen Übergangsphase von der Industrie- zur Wissensgesellschaft nimmt die Bedeutung der Produktivkräfte Arbeit und Kapital ab, während Wissen immer wichtiger wird - es ist das "kulturelle Kapital" einer Gesellschaft. Durch die schon jetzt mehr als 6.000 Einzeldisziplinen umfassenden Wissenschaften werden immer mehr Kenntnisse produziert werden. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung werden weiter steigen; der technische Fortschritt wird sich beschleunigen. So wird das technische Wissen von heute nur noch 1% des technischen Wissens im Jahr 2050 ausmachen. Die Globalisierung wird immer mehr zum Motor für die Produktion neuer Erkenntnisse werden, da Unternehmen nur durch "mehr Wissen" auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig bleiben können.

In den kommenden Jahrzehnten werden sich laut dem "Wissens-Delphi" Fachgebiete besonders dynamisch entwickeln, bei denen ein enger Zusammenhang zu drängenden Problemen besteht oder von denen ein Beitrag zur Steigerung der wirtschaftlich-technischen Leistungsfähigkeit erwartet wird. Dazu gehören z.B. Informationstechnik, neue Medien, Biotechnologie, Medizin, Umweltschutztechnik sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Auch das Wissensmanagement wird an Bedeutung gewinnen, da die Informationsflut irgendwie bewältigt und aufbereitet werden muss. Hingegen werde die "Wissensproduktion" in den Geisteswissenschaften, in Kunst und Musik sowie in der Grundlagenforschung von Mathematik, Chemie und Physik eher zurückgehen. Insbesondere bei sehr komplexen Problemfeldern, aber auch aufgrund der zunehmenden Spezialisierung und der Informationsflut, wird interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Regel werden.

Die Menschen werden sich immer intensiver mit Informationen befassen; der Zugang zu ihnen wird durch neue Technologien weiter erleichtert werden. Ihre Beschaffung und Nutzung werden aber immer mehr zeitliche und intellektuelle Ressourcen binden. Insbesondere ältere Arbeitnehmer werden sich durch die Informationsflut gestresst fühlen.

Zudem wird in den weltumspannenden, frei zugänglichen Netzen die Verlässlichkeit von Informationen weiter abnehmen. Beispielsweise steuert Google (mit rund 3,5 Milliarden Anfragen pro Tag die meistgenutzte Suchmaschine), was an Suchergebnissen in welcher Reihenfolge gelistet wird - und berücksichtigt dabei, was über den jeweiligen Nutzer bekannt ist. Aber auch durch die verwendeten Algorithmen wird das von Google gespeicherte Wissen bewertet, gefiltert und vorausgewählt, wobei die verwendeten Kriterien unbekannt sind. Zudem werden in vielen (entwickelten) Ländern über das Internet immer mehr Informationen verbreitet, die wissenschaftlich nicht haltbar sind. Auch werden von radikalen Gruppen Propaganda und andere manipulierende Informationen in das Internet eingespeist. Das bedeutet, dass die Informationsbeschaffung und -überprüfung zu einem individuellen und gesellschaftlichen Optimierungsproblem wird. Die Menschen werden sich immer häufiger als unzureichend informiert erleben, was oft zu Gefühlen individueller Ohnmacht führen dürfte.

Wissensferne Gruppen

Die Wissensgesellschaft bietet dem Einzelnen viele Freiräume, was aber durchaus auch zu Ängsten und Orientierungslosigkeit führen kann. Viele Menschen werden deshalb nach Rückhalt in Gruppierungen mit einer klaren und eindeutigen Ideologie suchen.

Für einen Staat ist es besonders problematisch, wenn sich große Teile der Bevölkerung "wissensfernen" Gruppen anschließen - insbesondere wenn diese die Erkenntnisse ganzer Wissenschaftsdisziplinen negieren. So ergab z.B. eine Umfrage des National Science Board, dass in den USA nur 45% der Befragten der Aussage "Menschliche Wesen, wie wir sie heute kennen, entwickelten sich aus früheren Spezies von Tieren" zustimmen (in Japan sind es 78%, in Europa 70% und in China 69%). Nur 33% der Amerikaner halten die Aussage "Das Universum begann mit einer großen Explosion" für richtig. Und laut dem "Pew Survey" von 2014 glaubten 31% der Erwachsenen in den USA, dass "Menschen und andere Lebewesen in der jetzigen Form von Anbeginn der Zeit an existieren". Je religiöser die Befragten waren, umso eher stimmten sie dieser Aussage zu - am häufigsten evangelikale Protestanten mit 60%.

Solche Positionen, insbesondere wenn sie wie in den USA auch an vielen Schulen vermittelt werden, führen zu einer kritischen Haltung gegenüber den (Natur-) Wissenschaften. Diese Einstellungen erschweren den Übergang in die Wissensgesellschaft und können somit negative Folgen für Politik und Wirtschaft haben. Zudem wird die Kluft zwischen "wissensnahen" und "wissensfernen" Gruppen mit der Zeit immer größer werden und könnte zu einer Spaltung der Gesellschaft führen.

Bildung

Die Produktivität der Wirtschaft beruht inzwischen nur noch zu einem Drittel auf Investitionen in Sachkapital, aber zu zwei Dritteln auf Investitionen in Humankapital. Auch in Politik, Verwaltung, Kultur usw. spielen Wissen und Kompetenz eine große Rolle. So kommt dem Bildungssystem eine herausragende Bedeutung zu: Es muss Kinder, Jugendliche und Heranwachsende in die Wissensgesellschaft einführen.

Schon seit einiger Zeit ist die Tendenz zu beobachten, dass das Bildungssystem Kinder vom Alter her immer früher und von der täglichen Dauer her immer länger in Anspruch nimmt. So wird einerseits der frühkindlichen Bildung eine größere Relevanz für die spätere Entwicklung beigemessen: Kleinkinder sollten möglichst schon weit vor ihrem dritten Lebensjahr in Kindertageseinrichtungen aufgenommen werden. Andererseits werden immer mehr Ganztagseinrichtungen und -schulen geschaffen, in denen mehr Zeit für die Erziehung und Bildung der Kinder zur Verfügung steht. Allerdings dürfte aufgrund der unerwartet hohen Geburtenraten in den vergangenen Jahren der Personalmangel an Kitas und Schulen immer größer werden. So berichtete z.B. der Deutschlandfunk im Jahr 2019, dass bis 2025 zwischen 300.000 und 500.000 Erzieherinnen benötigt werden. Und die Bertelsmann Stiftung geht davon aus, dass dann 26.300 Grundschullehrer fehlen werden.

Kindertagesstätten werden heute als Bildungseinrichtungen gesehen, in denen Kleinkinder bestimmte Kompetenzen entwickeln und Kenntnisse in verschiedenen Bildungsbereichen erwerben sollen. Deshalb haben die Bundesländer detaillierte Bildungspläne verabschiedet, an denen sich Erzieher (und Tagespflegepersonen) orientieren müssen. So sollen Kindertagesstätten Bildungsangebote in den Bereichen Sprache, Literacy, Naturwissenschaften, Mathematik, Technik, Religion, sozial-emotionale Entwicklung, Medienbildung, interkulturelle Erziehung, Umweltbildung, geschlechtsbewusste Erziehung, Kunst, Musik, Fein- und Grobmotorik machen. Da Kinder mit Migrationshintergrund sowie Kinder aus sozial schwachen Familien schlechtere Bildungschancen als andere Kinder haben, müssen sie zunehmend besondere Sprachförderprogramme und kompensatorische Angebote durchlaufen.

In den kommenden Jahren werden immer mehr Schüler Ganztagsschulen besuchen. Derzeit sind es laut Chancenspiegel 2017 knapp 40%, wobei die Quoten zwischen 80% in Sachsen und 15% in Bayern variieren. Auch werden im Rahmen der Inklusion immer mehr Förderschüler an regulären Schulen unterrichtet werden - war es 2002 erst jeder achte Förderschüler, so gilt dies heute für knapp 40%. Allerdings steigt die Zahl der Schüler mit Förderbedarf stetig, und so sind derzeit mit 4,6% fast genauso viele Schüler an Förderschulen wie 2002 mit 4,8%.




 

Aufgrund des unbefriedigenden Abschneidens deutscher Schüler bei internationalen Vergleichsstudien sind die Leistungsanforderungen in den letzten Jahren erhöht worden - und werden mit Bezug auf die Wissensgesellschaft und die Erwartungen an (zukünftige) Arbeitnehmer wohl weiter steigen. Zugleich wird der Druck auf die Bundesländer wachsen, für vergleichbare Bildungschancen zu sorgen: Es wird nicht länger akzeptabel sein, dass laut Chancenspiegel 2017 beim Kompetenzerwerb in der 9. Klasse ein Unterschied von mehr als drei Lernjahren zwischen Sachsen und Bremen besteht, dass beim Erwerb der Hochschulreife die Bandbreite zwischen rund 53% in Hamburg und circa 30% in Bayern variiert oder dass der Prozentsatz ausländischer Schulabgänger ohne Abschluss zwischen knapp 4% in Brandenburg und 27% in Sachsen schwankt. Auf Dauer unhaltbar dürfte außerdem der hohe Anteil des Einser-Abiturs sein, der zudem zwischen den Bundesländern variiert - im Jahr 2018 laut Rheinischer Post zwischen knapp 38% in Thüringen und 17% in Schleswig-Holstein.

Der Leistungsdruck an Schulen wird somit zunehmen. Die Schüler werden gleichzeitig für ihre Schulleistungen verantwortlich gemacht: So werden von ihnen eine hohe Lernmotivation, ein großer Arbeitseinsatz, viel Selbsttätigkeit und Durchhaltevermögen verlangt. Zugleich wird aber auch zunehmend die Leistung der Lehrer überprüft, indem z.B. an allen Schulen eines Bundeslandes dieselben Vergleichsarbeiten geschrieben oder (Abschluss-) Prüfungen zentral durchgeführt werden.

In den kommenden Jahren wird ein immer größer werdender Anteil eines Geburtsjahrgangs das Recht auf ein Hochschulstudium erwerben - derzeit sind es schon über 50% der Schulabgänger. Unter ihnen sind Frauen überrepräsentiert: Schülerinnen sind kommunikativer und verbal geschickter, weswegen sie im Unterricht eher "glänzen" als Schüler. Zudem sind sie seltener verhaltensauffällig, widmen sie sich intensiver ihren Hausaufgaben und verbringen sie weniger Zeit vor dem Fernseher, dem Computer oder der Spielkonsole. So wurde inzwischen nachgewiesen, dass ein intensiverer Medienkonsum mit schlechteren Zensuren korreliert.

Da es Unternehmen und Handwerksbetrieben aufgrund der abnehmenden Zahl jüngerer Menschen immer schwerer fällt, Ausbildungsplätze zu besetzen, wird der Druck auf die (Haupt-) Schulen erhöht werden, jeden Schüler zumindest mit den für solche Stellen notwendigen Kompetenzen auszustatten. Auch wird immer weniger akzeptiert werden, dass Schüler die Regelschule ohne Abschluss verlassen (2017: 6,9% der Schulabgänger). Dies gilt erst recht für Schüler mit Migrationshintergrund - seit 2011 ist hier der Prozentsatz der Schulabgänger ohne Abschluss laut Chancenspiegel 2017 wieder leicht auf rund 13% angestiegen. Aufgrund der gerade erwähnten Entwicklung im Bereich der Berufsausbildung werden aber auch sie Arbeitsplätze finden. So wird Jugendarbeitslosigkeit eher selten sein. Das könnte dazu führen, dass das Übergangssystem an Bedeutung verlieren wird.

An der dualen Berufsausbildung wird sicherlich festgehalten werden, da sich die Verzahnung von betrieblichem und schulischem Lernen bewährt hat und für die deutsche Wirtschaft ein Wettbewerbsvorteil ist. Allerdings erschwert das duale System die Rekrutierung von Personal in ganz neuen Wirtschaftszweigen, den sogenannten Zukunftsbranchen. Hier wird dem On-the-job-Training von Berufsanfängern eine immer größere Bedeutung zukommen.


 
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  Info

 

Derzeit gibt es in Deutschland rund 2,9 Millionen Studenten, die zwischen circa 19.000 Studiengängen wählen können. In den nächsten Jahren wird versucht werden, die Zahl der Studierenden weiter zu erhöhen - insbesondere mit Studienabschlüssen in den Wirtschafts-, Natur- und Ingenieurwissenschaften. Jedoch konnten im Jahr 2018 laut der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2019" in Deutschland nur 32% der Personen im Alter von 25 bis 34 Jahren einen Tertiärabschluss vorweisen, während der OECD-Durchschnitt in dieser Altersgruppe 44% betrug. Es gibt also noch einen großen Nachholbedarf - vor allem bei jungen Menschen aus bildungsschwachen Familien: Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissensforschung studieren wohl 79 von 100 Akademikerkindern, aber nur 27 Kinder von Nichtakademikern. Haben die Eltern überhaupt keinen Schulabschluss, sind es sogar nur 12%. Allerdings hatten 35% der deutschen Hochschulabsolventen laut "Bildung auf einen Blick 2019" ein Studium in den zukunftsträchtigen MINT-Fächern absolviert - gegenüber 25% im Durchschnitt der OECD-Länder.

 

Unter den Studenten werden immer mehr Personen sein, die bereits im Berufsleben standen oder berufsbegleitend studieren. Oft werden sie sich auch für ein Fernstudium entscheiden. Diese Personen wollen zusätzliche Qualifikationen erwerben oder ein ganz neues Studium absolvieren, da sie in ihrem bisherigen Arbeitsfeld keine Zukunft mehr für sich sehen. Neben den "klassischen" akademischen Graden wie Bachelor, Master oder Doktor wird es vermehrt Studienabschlüsse und Zertifikate geben, die im Rahmen von Aufbau-, Weiterbildungs- und Ergänzungsstudiengängen erworben werden können. Viele Studienangebote werden modular aufgebaut sein.

Neben der Zahl der Studierenden muss aber auch die Qualität des Studiums gesteigert werden, die insbesondere unter der Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse gelitten hat. Nur drei deutsche Universitäten gehören laut den "World University Rankings 2020" von Times Higher Education zu den 50 besten Hochschulen der Welt: Die Ludwig-Maximilians-Universität München belegte den 32. Platz, die TU München den 43. Platz und die Universität Heidelberg den 44. Platz. Da der Bologna-Prozess auch nicht zu der erwarteten Verkürzung der Studiendauer geführt hat, ist hier mit weiteren Reformen zu rechnen (z.B. "Entschlackung" der Studienpläne).

So werden die Leistungsanforderungen an Schulen und Hochschulen steigen. Schüler und Studenten werden immer häufiger "bewertet" - mit Hilfe von Zensuren, Tests und zentralen Prüfungen. Da in der Regel Kenntnisse abgefragt werden, lernen sie, sich diese effektiv und in kürzester Zeit anzueignen. Eine persönliche Relevanz haben diese Lerninhalte aber nur selten, und so werden sie oft schnell wieder vergessen. Da immer nur das Wissen Einzelner erfasst und bewertet wird, werden Schüler und Studenten zu "Einzelkämpfern". Sie lernen nicht, miteinander zu kooperieren - und auch nicht komplexe Probleme zu lösen, da solche Leistungen nicht wie Kenntnisse abgefragt werden können. So produziert das deutsche Bildungssystem derzeit viele Absolventen, die weder für kreative und innovative Tätigkeiten noch für Führungsaufgaben qualifiziert wurden. Sie haben nicht gelernt, in Teams zu arbeiten, ihr Spezialwissen mit dem anderer Personen zu kombinieren, Konflikte zu lösen, Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen, kritisch oder divergent zu denken. Überspitzt gesagt: Wer nur auswendig zu lernen gelernt hat, ist für die Arbeitswelt von heute und morgen schlecht gerüstet...

Das virtuelle Lernen wird in Zukunft eine größere Rolle spielen - nicht nur bei rein virtuellen Studiengängen. So stellen weltweit immer mehr Professoren und Dozenten ihre Vorlesungen, Kurse und Übungen in das Internet ein. Oft wird gleichzeitig ein (Tele-) Tutoring angeboten. Der Kontakt zu den Professoren und zu anderen Studenten erfolgt per E-Mail oder Chat, in Foren oder Videokonferenzen. Manche Aufgaben müssen von Studierenden gemeinsam bearbeitet werden, aber auch von Online-Rollenspielen und Simulationen wird Gebrauch gemacht. Tests werden gleichzeitig online ausgefüllt. Die Kurse können weltweit abgerufen werden und kosten zumeist nur wenig, sodass sie z.B. auch von Menschen in Entwicklungsländern genutzt werden können.

Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2017 stellt in Deutschland bereits jeder zweite Hochschuldozent Materialien in elektronischer Form über Lernmanagementsysteme zur Verfügung. Jeder Vierte verwendet z.B. digitale Planspiele, Simulationen, elektronische Übungen und Tests. Aber nur 2% der Dozenten produzieren ganze Vorlesungsreihen als abrufbare Videos. Vollständig digitalisierte Weiterbildungsangebote gibt es hingegen schon an rund 10% der Hochschulen.

Da in der Wissensgesellschaft dem lebenslangen Lernen eine große Bedeutung zukommt, wird in den nächsten Jahren der Fort- und Weiterbildungsbereich expandieren. Die Menschen werden sich in Zukunft vermehrt Kenntnisse und Kompetenzen in Erwachsenenbildungseinrichtungen, bei privaten Instituten, durch multimediale Lehr- und Schulungsprogramme, via Internet, im Ausland oder direkt am Arbeitsplatz unter Anleitung erfahrenerer Kollegen aneignen. So werden die Menschen im Verlauf ihres Lebens immer wieder neue Abschlüsse erwerben.

Welche Kompetenzen junge Menschen benötigen, um für die auf dieser Website beschriebenen Zukunftsentwicklungen gewappnet zu sein, und wie Familien, Kindertageseinrichtungen und Schulen Kinder, Jugendliche und Heranwachsende "zukunftsfähig" machen können, wird auf www.zukunftsorientierte-paedagogik.de und in dem gleichnamigen Buch beschrieben.