Regierungsbildung in Rom gescheitert - Conte schmeißt hin


Artikel verfasst von

Maike

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In Italien ist der designierte Ministerpräsident Giuseppe Conte mit dem Versuch einer Regierungsbildung gescheitert.

Lega-Chef Matteo Salvini sieht Neuwahlen nun als unumgänglich an.

Zuvor hatte die Bildung einer Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega-Partei seit Tagen gestockt.

Drei Monate nach der Wahl in Italien sind die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Partei Lega mit ihrer geplanten Regierungsbildung überraschend gescheitert.

Ihr gemeinsamer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, gab am Sonntag nach nur vier Tagen den Regierungsauftrag an Staatspräsident Sergio Mattarella zurück. Eine Neuwahl in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone scheint damit kaum mehr abwendbar.

Grund für das Scheitern der Allianz war vor allem der Streit der Bündnispartner mit Mattarella über die geplante Ernennung eines ausgewiesenen Euro- und Deutschland-Kritikers zum Finanzminister. In Italien muss der Präsident das Kabinett erst formell absegnen, bevor es sich im Parlament zur Wahl stellt und die Regierungsgeschäfte aufnehmen darf.

„Maximale Anstrengung“

 

Zuvor hatten die geplanten Mehrausgaben der populistischen Parteien und ihre Anti-EU-Rhetorik die Finanzmärkte in Unruhe versetzt und Schockwellen durch Europa gesendet. Geplant waren unter anderem Steuersenkungen und ein Mindesteinkommen. Italien ist mit knapp 132 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, nach Griechenland ist das der zweithöchste Wert in Europa. Erlaubt sind 60 Prozent.





Conte sagte am Abend in Rom, er habe „maximale Anstrengung“ darauf verwendet, eine Regierung des Wandels zu bilden. Der parteilose Anwalt war erst am Mittwoch mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Präsident Mattarella kündigte an, in Kürze über den Ruf nach einer erneuten Wahl zu entscheiden.

Am 4. März hatten die Italiener gewählt. Mit 32 Prozent war die Fünf-Sterne-Bewegung stärkste Kraft geworden. Die Lega hatte 17 Prozent innerhalb einer Mitte-rechts-Allianz bekommen. Befürchtet wird, dass eine Neuwahl ein ähnliches Ergebnis bringt und die Regierungsbildung auch nicht leichter wird.

„Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen“

Lega-Chef Matteo Salvini sieht Neuwahlen dennoch als unumgänglich an. „Das Wort geht wieder an euch“, schrieb er auf Twitter. Die Italiener dürften nicht länger „Sklaven“ sein, Italien sei keine Kolonie. „Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen … An diesem Punkt muss das Wort wieder an euch zurückgegeben werden.“ Auch die Fünf-Sterne-Bewegung hatte sich für eine rasche Neuwahl eingesetzt, falls das Bündnis platzen sollte.

Streit mit Mattarella hatte es zuletzt vor allem wegen der geplanten Besetzung des Finanzministeriums mit dem Euro-Gegner Paolo Savona gegeben, dem Wunschkandidaten der Lega. Seine Ansichten über Deutschland drohten die Beziehungen mit Berlin zu belasten. So ist der Ökonom der Meinung, dass der Euro vor allem der Bundesrepublik nutzt und sprach von einer „Kolonalisierung“ Italiens. Er propagiert zwar nicht direkt einen Ausstieg Italiens aus dem Euro, jedoch meint er, das Land müsse dafür einen Plan in der Schublade haben.

Mattarella sagte, er könne keinen Kandidaten akzeptieren, der den Euro-Ausstieg für Italien ins Spiel bringe. „Die Unsicherheit unserer Einstellung zum Euro hat italienische und ausländische Investoren in Alarm versetzt.“

Sterne-Chef: Finanzlobby schuld an gescheiterter Regierungsbildung

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, macht den Staatspräsidenten und die „Finanzlobby“ für das Scheitern der Regierungsbildung verantwortlich. Die Entscheidung von Staatspräsident Mattarella, einen Euro-kritischen Finanzminister abzulehnen, sei nicht nachzuvollziehen, schrieb Di Maio am Sonntag auf Facebook. „Dies ist keine freie Demokratie.“

 

„Wir hatten eine Regierungsmannschaft, wir waren bereit zu regieren, und uns wurde Nein gesagt, … weil Ratingagenturen in ganz Europa in Sorge wegen eines Mannes waren, der den Finanzminister machen sollte“, so Di Maio. Es sei also unnütz, wählen zu gehen, weil sowieso Ratingagenturen und die „Banken- und Finanzlobby“ über eine Regierung entschieden.

Später forderte Di Maio die Absetzung des Staatspräsidenten. Unter Berufung auf Artikel 90 der italienischen Verfassung werde er Mattarellas Absetzung verlangen, sagte Di Maio am Sonntagabend in einem Fernsehinterview. Anschließend solle es Neuwahlen geben. In dem Verfassungsartikel geht es um die Möglichkeit, den Präsidenten wegen Hochverrats oder Verletzung der Verfassung anzuklagen.

Präsident lädt Wirtschaftsexperten Cottarelli zu Gesprächen

Nach dem Scheitern der Regierungsbildung hat Mattarella den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli zu Gesprächen in den Präsidentenpalast eingeladen.





Cottarelli sei für Montagmorgen zum Gespräch gebeten worden, teilte ein Sprecher am Sonntagabend mit.

Der 64-Jährige war früher hoher Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und 2013 Sparkommissar der italienischen Regierung unter Enrico Letta.

Der Schritt deutet nach Einschätzung von Fachleuten darauf hin, dass Mattarella den Ökonomen bitten wird, eine Technokraten-Regierung anzuführen, die das Land dann zur Neuwahl führt.