GEW zur Maskenpflicht im Unterricht: Hilfloser Versuch, Regelbetrieb durchzusetzen


Artikel verfasst von

Maike

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Maskenpflicht in der Schule? Das hängt momentan vom Wohnort ab. In Nordrhein-Westfalen gilt sie für Schüler an weiterführenden Schulen sogar während des Unterrichts. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wird jetzt noch mal überlegt. In NRW selbst rätseln Eltern und Lehrer, was den plötzlichen Schwenk von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) verursacht haben könnte. Noch vor wenigen Tagen habe sie eine Maskenpflicht an Schulen kategorisch ausgeschlossen, hieß es. Die GEW hält die Maßnahme für „pädagogisch unsinnig“.

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Nordrhein-Westfalen führt eine Maskenpflicht an Schulen ein – an weiterführenden und berufsbildenden Schulen auch im Unterricht. Damit gibt das einwohnerstärkste Bundesland in diesem Bereich nun die strengsten Regeln vor. Nachdem Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sich am Wochenende für eine Maskenpflicht ausgesprochen hatte, ist die Debatte in mehreren Ländern in vollem Gange. Auch Niedersachsen, Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg haben – zum Teil bereits zuvor – angekündigt, im Kampf gegen das Coronavirus eine Maskenpflicht in Schulgebäuden einzuführen bzw. beizubehalten. Sie soll dort jedoch nicht im Unterricht gelten.

 

Gebauer: Wer keine Maske tragen will, kann von der Schule fliegen

Wenn Schüler in NRW dauerhaft gegen die neue Maskenpflicht verstoßen, können sie auch von der Schule verwiesen werden. Darauf hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) heute in einem WDR2-Interview hingewiesen. Gebauer sagte dem Sender: «Wenn sich Schülerinnen und Schüler konstant nicht – weder im Unterricht noch auf den anderen Flächen – daran halten, kann das auch mit einem Verweis von der Schule beziehungsweise einem vorübergehenden einhergehen.»

Gebauer verwies darauf, dass die Maske aus «pädagogisch sinnvollen Gründen» auch zwischendurch abgenommen werden könne. Auch aus medizinischen Gründen. So sei ihr bewusst, dass ein Mund-Nasen-Schutz bei heißem Wetter eine besondere Beeinträchtigung sei. Gebauer verteidigte die Maskenpflicht dennoch: Das derzeitige Infektionsgeschehen in NRW mache sie alternativlos.





Eltern zeigen sich über die Maskenpflicht im Unterricht irritiert

Die Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW zeigte sich von der plötzlichen Entscheidung irritiert. Es sei nicht mal eine Woche her, dass die Ministerin und ihr Staatssekretär vier Stunden lang den versammelten Vertretern der schulpolitischen Verbände und Gewerkschaften ihre Vorstellung vom Schuljahr 2020/21 unter dem Vorzeichen der Corona-Pandemie vorgestellt hätten, berichtet Vorsitzender Ralf Radke.

„In der anschließenden Diskussion wurden alle Bedenken und alle Stimmen für einen strengeren Infektionsschutz beiseite gewischt, um das erklärte Ziel der Wiederaufnahme des Regelunterrichtes zum Schuljahresbeginn sicherzustellen.“ Auch wenn die Infektionslage sich zuspitze. „Eine klare Aussage des Abends von Frau Ministerin Gebauer war, dass es keine Maskenpflicht in den Unterrichts- und Fachräumen geben wird. Nun tritt die gleiche Bildungsministerin vor die Presse und verkündet vollmundig eine Maskenpflicht für ältere Schüler*innen auch in den Klassenräumen während des Unterrichts.“

Der Elternvertreter fragt: „Was hat sich Dramatisches und vor allem Unerwartbares innerhalb dieser drei Werktage in NRW ereignet, das die Ministerin zu so einem überraschendem Schwenk zwingt?“

 

Niedersachsen: Maskenpflicht im Unterricht ist übertrieben

Niedersachsen hält die von Nordrhein-Westfalen eingeführte Maskenpflicht auch während des Unterrichts an weiterführenden Schulen und Berufsschulen dagegen momentan für übertrieben. Das Land starte nach den Sommerferien an den Schulen einen eingeschränkten Regelbetrieb mit möglichst festen Lerngruppen, sagte Kultusstaatssekretärin Gaby Willamowius am Dienstag in Hannover. Angesichts der derzeit niedrigen Infektionszahlen in Niedersachsen sei das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung während der gesamten Unterrichtszeit in einer solchen Lerngruppe nicht verhältnismäßig.

Allerdings werde mit Beginn des nächsten Schuljahres an Niedersachsens Schulen das Tragen einer Maske außerhalb des Unterrichts in bestimmten Situationen, etwa auf den Gängen, verpflichtend, sagte die Staatssekretärin. Die Entwicklung der Infektionszahlen werde weiter sehr genau im Blick behalten, gegebenenfalls würden die Regelungen angepasst.

Ähnlich verläuft die Linie in Rheinland-Pfalz: Nach der Einführung einer Maskenpflicht in Klassenzimmern in Nordrhein-Westfalen sagte am Dienstag ein Sprecher des Bildungsministeriums in Mainz: «Es gilt weiter, dass wir – unter Beachtung von Hygienemaßnahmen – zum Regelbetrieb zurückkehren wollen, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt. Das Recht auf Bildung und das Recht, Schule als Ort des Miteinanders zu erleben, sind hohe Güter.» Außerhalb des Unterrichts sei aber an den Schulen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Berlin will derzeit ebenfalls nicht dem Beispiel Nordrhein-Westfalens folgen, eine Maskenpflicht im Unterricht einzuführen. Für den Fall, dass die Infektionszahlen im neuen Schuljahr deutlich steigen sollten, schloss Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das für die Zukunft aber nicht aus. «Im Moment ist das nicht vorstellbar, weil ich das aus einer pädagogischen Sicht für sehr schwierig finde», sagte sie am Dienstag nach einer Senatssitzung.

 

Martin denkt laut über eine Maskenpflicht in den Schulen nach

In Mecklenburg-Vorpommern galt am Montag – dem ersten Schultag nach den sechswöchigen Sommerferien – noch keine landesweite Maskenpflicht. Doch nachdem die Debatte ins Rollen gekommen war, schwenkte die Bildungsministerin des Landes, Bettina Martin (SPD), um. Künftig soll nach ihren Worten die Maskenpflicht in weiterführenden Schulen im Schulgebäude, aber nicht im Klassenraum gelten. An Grundschulen soll es demnach weiterhin keine Maskenpflicht geben. Auch Brandenburg plant angesichts der aktuellen Lage eine Maskenpflicht in den weiterführenden Schulen außerhalb des Unterrichts.

Die Bundesregierung begrüßt die Pläne der Bundesländer, in der Schule mit Beginn des neuen Schuljahrs eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes einzuführen. «Eine solche Maskenpflicht klingt nach einer vernünftigen Überlegung», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin. Dies müsse aber eingebettet sein in ein Gesamtkonzept und dafür liege die Zuständigkeit bei den Ländern.

Nach Mecklenburg-Vorpommerns Schulbeginn folgt am Donnerstag Hamburg. Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen starten in der kommenden Woche.





Beckmann: Umsetzung wird zu einer weiteren Aufgabe für die Lehrer

Der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, beklagt, das Maskentragen sei schnell erlassen, die Umsetzung obliege aber wieder den Lehrkräften und werde zu einer weiteren Aufgabe für sie. Hier dürfe sich die Politik nicht zu schnell aus der Affäre ziehen, sagt Beckmann der «Welt» am Montag. Er fordert von der Politik «klare Rahmenvorgaben mit ausreichendem Handlungsspielraum für die Schulleitung vor Ort». Auch müsse es in Ministerien und Behörden klare Ansprechpersonen für Schulleitungen geben.

Auch die GEW zeigt sich kritisch. Die Maskenpflicht im Unterricht sei pädagogisch unsinnig, erklärte NRW-Landesvorsitzende Maike Finnern. „Sie ist ein hilfloser Versuch der Landesregierung, den Regelbetrieb trotz Bedenken durchsetzen zu wollen. Ehrlich wäre das Eingeständnis gewesen, dass das Angebot angepasst werden muss, da das Abstandsgebot auch in Schulen gelten muss.“