Eiszeit mit Ansage


Artikel verfasst von

Maike

https://wunderwelt.red/




Angebliche Vergiftung von Nawalny
 


 

Eines vorweg: Wenn es mit Alexej Nawalny so zugegangen sein sollte, wie es die Bundesregierung behauptet, wäre das nicht zu entschuldigen. Politische Gegner bekämpft man mit Argumenten, gegebenenfalls mit den Mitteln des Rechts – das kommt auch in der Bundesrepublik vor –, aber nicht mit Gift. Aber – und das ist ein sehr großes Aber: Dass es so gewesen ist, wie es die Kanzlerin behauptet hat, ist absolut nicht ausgemacht.

 

Zunächst: Das Zentrallabor der Bundeswehr ist keine unabhängige Forschungseinrichtung, es unterliegt politischen Weisungen. Seine Ergebnisse sind also mit einiger Vorsicht zu genießen.





Zweitens war es ausgerechnet der BND, der in den Neunzigern einem sowjetischen Rüstungswissenschaftler eine Probe des chemischen Nervenkampfstoffs »Nowitschok« abkaufte und diese anschließend unter seinen Partnerdiensten verteilte. Wenn es also Nowitschok gewesen sein sollte, muss es nicht der russische Inlandsgeheimdienst FSB gewesen sein, der Nawalny den Stoff verabreicht hat. Das Zeug ist auch schon bei Abrechnungen unter bulgarischen Gangstern eingesetzt worden. Es ist auf dem Markt verfügbar.

Drittens: Wenn es Russlands politische Führung gewesen war, in deren Auftrag Nawalny vergiftet wurde – warum sollte sie es dann zugelassen haben, dass der Patient nach Deutschland ausgeflogen wurde? Das ist für sich genommen schon ein Argument dagegen, dass der Kreml etwas mit der Vergiftung zu tun hatte. Wenn, wie es Nawalnys Anhänger unmittelbar nach dem Vorfall verbreiteten, das zur Notversorgung genutzte Krankenhaus in Omsk »vor Geheimdienstlern gewimmelt« hat – warum sollten dann diese Leute, unterstellt, sie wollten Nawalny umbringen, keine Mittel und Wege gefunden haben, dem Leben des »Kremlkritikers« auf eigenem Territorium ein Ende zu setzen?

Viertens: Wenn man der in der transatlantischen Welt propagierten Version folgt, steht die Vergiftung Nawalnys in der Tradition der Vergiftung von Sergej Skripal. Mit Verlaub: Soll man wirklich glauben, dass es dann in Moskau keine Fehlerdiskussion gegeben habe, um die Imagepleite der versuchten und zudem noch misslungenen Beseitigung Skripals kein zweites Mal zuzulassen? Hält die Bundesregierung die russischen Geheimdienste für skrupellos oder für Luschen?





Klar ist: Beim »Fall Nawalny« handelt es sich um eine Inszenierung. Berlin hat sich den Skandal bewusst ins eigene Haus geholt. Aber warum? Ist es ein Schachzug im Streit um den in Berlin erschossenen tschetschenischen Islamisten? Will Merkel mit dieser Eskalation den gesichtswahrenden Ausstieg aus der Unterstützung für das Projekt »Nord Stream 2« einleiten, die sie vor ein paar Tagen noch öffentlich erklärt hat? Will sie genau umgekehrt an der Pipeline festhalten und den USA demonstrieren, dass deren Argument nicht stimmt, die BRD mache sich von Russland abhängig? Egal, welche Version stimmt: Gut ist keine davon. Die Zeichen stehen auf Eiszeit.