Ein Herz für die NATO


Artikel verfasst von

Maike

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Die Linke: Kampagne gegen friedenspolitischen Kurs der Partei. Linker Flügel sieht »Gründungskonsens« der Partei in Frage gestellt


 

Die Partei Die Linke sei »die Friedenspartei im deutschen Bundestag« und »an der Seite der Friedensbewegung«, sagte Koparteichef Bernd Riexinger am Montag bei einer Pressekonferenz im Berliner Karl-Liebknecht-Haus. »Natürlich« rufe man als Partei zu allen Aktionen der Friedensbewegung am 1. September, dem Weltfriedenstag, mit auf.

Ob derartige Aufrufe aus der Linkspartei noch lange mit einem Mindestmaß an Glaubwürdigkeit vorgetragen werden können, ist freilich unsicherer denn je. Vor dem Bundesparteitag, der Ende Oktober in Erfurt zusammentreten soll, machen jene Kräfte in der Partei mobil, die nach der Bundestagswahl 2021 zusammen mit SPD und Grünen eine Bundesregierung bilden wollen.

Vorne mit dabei ist der ehemalige Fraktionschef Gregor Gysi, der seit Tagen ein Interview nach dem anderen gibt und sich dabei bemüht, die als Fallstrick für dieses Vorhaben ausgemachte außenpolitische Beschlusslage der Partei weichzuklopfen. Als außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, der Gysi seit Mai ist, kann er das mit zusätzlichem Gewicht und vergleichsweise unabhängig von Gremien der Partei tun. Insbesondere versucht Gysi, dem heiklen Thema NATO – und damit implizit dem Problem, dass Die Linke mit dem Eintritt in eine Bundesregierung die außen- und bündnispolitische Staatsräson der Bundesrepublik akzeptieren muss – die Sprengkraft zu nehmen. Zwar fordere die Partei die Ersetzung der NATO durch eine »andere Struktur« – aber das habe, so Gysi Ende vergangener Woche gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, »mit der Koalition nichts zu tun«. Sowieso habe die Partei »nie den Austritt Deutschlands aus der NATO gefordert«. Wenige Tage zuvor hatte er gegenüber dpa erklärt, dass die NATO-Sache für Koalitionsverhandlungen »nicht so wahnsinnig dramatisch« sei. Auch beim Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr könne man sich übrigens »verständigen«. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel (Sonntagausgabe) sagte Gysi, dass seine Partei grundsätzlich zu den Bündnisverpflichtungen der NATO stehe.





Immerhin: Das bleibt nicht unwidersprochen. In einer Erklärung zum Weltfriedenstag, die jW vorliegt, wenden sich zahlreiche Funktionsträger und Abgeordnete der Partei gegen diese Kampagne. In dem Papier heißt es, dass »die Frage der Auslandseinsätze der Bundeswehr« bzw. die Frage, »wie wir zum Aufrüstungspakt NATO stehen«, der »Lackmustest unserer friedenspolitischen Glaubwürdigkeit« ist. Nun werde »dieser Gründungskonsens« der Partei »in Frage gestellt und eine bedingungslose Koalitionsbereitschaft in Richtung SPD und Grüne signalisiert«. Das sei ein »Angriff auf die friedenspolitischen Grundpositionen unserer Partei«, den man »in aller Schärfe« zurückweise. Es habe »keinen Sinn, eine Regierungsbeteiligung für Die Linke zu erringen, wenn der Preis dafür ist, keine Linke mehr zu sein«.

Zu den Unterzeichnern gehören die Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel, Hubertus Zdebel, Sevim Dagdelen, Alexander Neu, Nicole Gohlke, Ulla Jelpke und Christine Buchholz sowie die Vorstandsmitglieder Johanna Scheringer-Wright, Lucy Redler und Harri Grünberg. Ebenfalls unterzeichnet haben die Sprecherinnen und Sprecher der Parteiströmungen Sozialistische Linke, Antikapitalistische Linke und Kommunistische Plattform, Ralf Krämer, Thies Gleiss und Ellen Brombacher. Auch die Landesvorstände Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben sich hinter die Erklärung gestellt. Auffällig ist, dass die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner bis auf wenige Ausnahmen aus den westdeutschen Landesverbänden und aus Berlin kommen. In den fünf ostdeutschen Landesverbänden scheint die angebahnte Aussöhnung der Partei mit der NATO nur noch wenige Kritiker zu finden.