Die Amerikaner bekommen die Covid-19-Impfung vielleicht zuerst – das hat Gründe


Artikel verfasst von

Maike

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Der Chef des französischen Pharmakonzerns Sanofi will einen Impfstoff zuerst den USA zur Verfügung stellen. Nun interveniert Emmanuel Macron.


 

Der Streit darum, wer einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus zuerst bekommen soll, spitzt sich zu. Paul Hudson, Chef des französischen Pharmakonzerns Sanofi, goss gestern Öl ins Feuer: Die US-Regierung sei die erste gewesen, welche sich an der Erforschung eines Impfstoffs beteiligt habe – sie werde im Erfolgsfall deshalb auch als erstes Impfstoffdosen bekommen.

«Die US-Regierung hat Anrecht auf die grösste Vorbestellung, weil sie sich an den Risiken beteiligt hat», sagte der ehemalige Novartis-Top-Manager in einem Interview mit «Bloomberg». Washington hatte im Februar in eine Impfstoff-Partnerschaft mit Sanofi einbezahlt, und wie Hudson nun feststellte, sei die Ansage da klar gewesen: «we expect to get the doses first» – wer zuerst zahlt, mahlt zuerst…

Sanofi ist seit dem Ausscheiden von Grossbritannien – und damit auch des Pharmakonzerns GSK – aus der EU der einzige grosse Impfhersteller innerhalb der Union.

Er habe bei den Europäern geweibelt, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass die USA den Impfstoff im Erfolgsfall als erste bekämen, sagte Paul Hudson. Die Amerikaner hätten «investiert und versucht, ihre Bevölkerung zu schützen und die Wirtschaft wieder zu starten».

 

Europa liess sich Zeit

Der Sanofi-Chef spielte damit auch auf die langsame Reaktion der Europäer bei der Impfstoffforschung an. Erst vor wenigen Tagen hatten sich Regierungschefs aus aller Welt und private Organisationen wie die Bill & Melinda Gates Organisation darauf verständigt, 7,4 Milliarden Euro in die Bekämpfung von Covid-19 zu investieren, unter anderem in die Impfstoffforschung. Die Konferenz war auf Einladung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erfolgt; von der deutschen Regierung kamen 525 Millionen Euro.





Demgegenüber ist die Regierung von Donald Trump offenbar daran, selber Milliarden in den Aufbau in die Entwicklung eines Sars-GoV-2-Impfstoffs zu investieren. Mit der «Operation Warp Speed» werden die Kräfte von Pharmafirmen, Regierungsorganisationen und dem Militär gebündelt. Ziel ist es, die Impfstoffentwicklung und den Aufbau der Produktionskapazitäten so zu beschleunigen, dass quasi sofort die ganze Bevölkerung von mehr als 300 Millionen Amerikanern und Amerikanerinnen geimpft werden könnte.

Zuvor schon hatte die US-Regierung umfangreiche Investitionen in die Impfstoffforschung gemacht. So investierte sie im April fast eine halbe Milliarde Dollar in Moderna: Das Biotech-Unternehmen aus Cambridge, Massachusetts, ging im Februar als erstes Unternehmen mit einem Impfstoffkandidaten in Tests an Probanden.  

 

Biotechfirmen stellen sich geographisch breit auf

Im Fall Sanofi zitiert nun der französische Staatspräsident Emmanuel Macron den CEO Paul Hudson – notabene britischer Staatsbürger – in den Elysée-Palast. Macron sei «betroffen» von der Ankündigung, zitierte «Bloomberg» einen Offiziellen aus Macrons Entourage. Ein Impfstoff sei ein «common good» ausserhalb der «Regeln des Marktes».

Die Episode wirft ein Schlaglicht auf die Problematik der Verteilung von Medizinalgütern in einer akuten Gesundheitskrise. Die  umfangreichen Exportbeschränkungen bei Schutzmaterial und Medikamenten zeigen, dass die Regierungen dazu tendieren, die Interessen der eigenen Bevölkerung in den Vordergrund zu stellen und weniger auf internationale Kooperation zu setzen. Zu befürchten ist nun, dass das auch bei einem Impfstoff nicht anders sein wird.





Demgegenüber versucht die Industrie, Gegensteuer zu geben und grenzüberschreitend zusammen zu spannen. Der Sanofi-Chef, der nun vom Elysée aufgeboten wird, hat sich mit GSK-Chefin Emma Walmsley zusammengetan, um ärmelkanalübergreifend die Kräfte für die Entwicklung und Produktion eines allfälligen Impfstoffs zu bündeln. Ziel der bemerkenswerten Kooperation zweier Konkurrenten ist es, einen Impfstoff möglichst schnell möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen.

Auch das Beispiel der deutschen Firma Biontech zeigt, dass viele Impfstoffentwickler versuchen, sich geographisch breit abzustützen. Das Unternehmen aus Mainz, das als erstes in Deutschland in Tests an Probanden ging, hat mit Blick auf die Impfstoffproduktion sowohl eine Kooperation mit dem amerikanischen Pharmakonzern Pfizer als auch mit der chinesischen Fosun Pharmaceuticals eingegangen.

Die Betrachtung, wonach die Pharmaindustrie versuche, einzelne Regierungen zu bevorzugen, greift deshalb zu kurz. 

 

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