Der schmutzige Krieg der Tabak-Konzerne in Afrika


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Der "Guardian" berichtet, British American Tobacco und andere multinationale Tabakunternehmen hätten Regierungen in mindestens acht afrikanischen Ländern unter Druck gesetzt und bedroht. Das Ziel: Tabakpräventionen verhindern und Steuererhöhungen vermeiden.

Laut der britischen Zeitung "The Guardian" nutzt BAT, einer der weltweit führenden Zigarettenhersteller, offenbar intensiv die Gerichte in Afrika, um Bemühungen der kenianischen und ugandischen Regierungen zu blockieren, durch Rauchen verursachte Schäden zu begrenzen. Die Motivation dahinter ist, die Marktpositionen des Konzerns in Afrika zu stärken - zumal sich mittlerweile eine schnell wachsende junge und zunehmend wohlhabende Bevölkerung entwickelt.

In einem vertraulichen Gerichtsdokument aus Kenia, das vom "Guardian" eingesehen werden konnte, fordern die Anwälte von British American Tobacco vom Hohen Gericht des Landes, dass dieses ein ganzes Bündel an Anti-Raucher-Vorschriften wieder in die Tonne tritt. Zudem wettern die Anwälte gegen Besteuerungs-Maßnahmen, die sie als "kapriziös" verurteilen. Der Fall wird jetzt vor dem Obersten Gericht in Kenia verhandelt, nach dem BAT beim Hohen Gericht gescheitert war und in Berufung gegangen ist. Das Urteil wird für August erwartet.

In einem weiteren Dokument, behauptet BAT in Uganda, dass das Regierungs-Tabakkontrollgesetz

im Widerspruch zur und gegen die Verfassung ist.

Der "Guardian" berichtet, dass er auch weitere Briefe und Dokumente einsehen konnte, darunter drei von BAT, die an die Regierungen von Uganda, Namibia, Togo, Gabun, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien und Burkina Faso geschickt wurden. Darin soll versucht worden sein, die jeweiligen Regierungen einzuschüchtern. In den Dokumenten wird zum Teil behauptet, dass die Anti-Tabak-Regelungen gegen die Gesetze im Land verstoßen, und zudem nicht konform mit internationalen Handelsabkommen gingen. Zudem warnt der Konzern die Regierungen vor einer schädlichen Wirkung für die Wirtschaft.

"Kriegskasse" der Konzerne übersteigt oft die gesamten Etats afrikanischer Staaten

Wie der Guardian berichtet, leugnet BAT, grundsätzlich gegen alle Tabakregulierungen zu sein, erklärt aber, sich das Recht vorzubehalten, per Gericht dort zu intervenieren, wo man glaubt, dass Vorschriften nicht mit den Gesetzen des Landes übereinstimmen.

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BAT könnte demnächst das weltweit größte börsennotierte Tabak-Unternehmen werden. Der Konzern steckt mitten in der geplanten Übernahme des US-amerikanischen Tabak-Konzerns Reynolds. Ein Deal über 49 Milliarden US-Dollar.

Die gerichtlichen und außergerichtlichen Bemühungen des Unternehmens um die Aufhebung oder Rücknahme restriktiver staatlicher Maßnahmen gegen den Tabakkonsum sind natürlich grundsätzlich legitime Akte der politischen und juristischen Interessensverfolgung. Die schiere Größe von BAT nährt jedoch Befürchtungen, dass der Konzern mit seiner finanziellen Macht die Gesundheitsministerien von ärmeren Ländern in die Knie zwingen könnte.

Professor Peter Odhiambo, ein ehemaliger Herzchirurg und Chef der Tabak-Kontroll-Komission in Kenia, sagte gegenüber dem "Guardian":

BAT hat alles getan, was sie konnten, um uns zu blockieren.

Experten gehen davon aus, dass Afrika und Südasien für die Tabak-Konzerne die neuen "Schlachtfelder" im globalen Kampf gegen Rauch-Verbote sind. Steigende Bevölkerungszahlen und ein steigender Wohlstand sind der Auslöser.

Obwohl in den wohlhabenden Ländern die Zahl der Raucher sinkt und es immer mehr Restriktionen gibt, sterben laut der Weltgesundheitsbehörde (WHO) immer noch mehr als sieben Millionen Menschen weltweit jedes Jahr an den Folgen des Tabak-Konsums. Die Sorge ist, dass die Konzerne nun "den Tod und die Gesundheitsschäden" in die ärmeren Nationen exportieren könnten.  

Unternehmen kündigen engagierte Strategie an

Es gibt derzeit schätzungsweise 77 Millionen Raucher in Afrika. Doch diese Zahl wird nach Schätzungen im Zeitraum zwischen 2010 und 2030 um fast 40 Prozent steigen. Das wäre der weltweit größte Anstieg. In Kenia ist es BAT schon gelungen, Regulierungen um 15 Jahre zu verzögern, welche die Förderung und den Verkauf von Zigaretten beschränken. Dafür kämpfte sich das Unternehmen von Instanz zu Instanz. Im Februar ging der Konzern vor den Obersten Gerichtshof, um die Einführung von Tabakkontrollen bis nach den Parlamentswahlen im August auf Eis zu legen.  

In Uganda leitete die BAT im November rechtliche Schritte gegen die Regierung ein und argumentierte, dass das Tabakkontrollgesetz, welches im Jahr 2015 verabschiedet wurde, gegen die Verfassung verstoße. Damit bekämpft der Konzern Standards und Regulierungen, die in den wohlhabenden Ländern mittlerweile gang und gäbe sind. Unter anderem geht es um die Ausweitung der Gesundheitswarnungen auf Päckchen und Werbe-Displays. Immer bemühen sie dabei das Argument, dass die Restriktionen den Handel ungerecht beschränken würden.

Die gerichtlichen Klagen werden zwar von den örtlichen Tochtergesellschaften von BAT, BAT Kenia und BAT Uganda eingereicht, doch das Globe House, die Zentrale des Konzerns in London, genehmigt die Klagen. Die Zentrale erhält auch den größten Teil der Gewinne aus dem Handel in Afrika. In seinem Jahresbericht von 2016 skizzierte BAT das "Risiko" von "unangemessenen Rechtsstreitigkeiten". Die Antwort soll eine "engagierte und notfalls strafprozessuale Strategie" sein, die "konzernweit koordiniert und ausgerichtet" werden soll.

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Auf seiner jährlichen Sitzung im März sprach der Vorsitzende Richard Burrows von einem "hervorragenden Jahr" für BAT, da dessen Gewinne um vier Prozent auf 5,2 Mrd. US-Dollar stiegen. Die Dividende der Anleger wuchs um zehn Prozent. Auf die Frage nach den rechtlichen Maßnahmen in Afrika sagte Burrows, dass Tabak eine Industrie sei, die

reguliert werden sollte. [...] Aber wir wollen sehen, dass die Regulierungen einen Ausgleich zwischen den richtigen Interessensausgleich zwischen den Gesundheitsanliegen und den menschlichen Anliegen findet.

Es sei zudem

von Zeit zu Zeit notwendig für uns, rechtliche Schritte zu unternehmen, um eine Neuregelung aufs Tapet zu bringen.

BAT sagt, dass es

einfach nicht wahr ist, dass wir alle Tabakregulierungen, insbesondere in den Entwicklungsländern, ablehnen.

Tabak sollte in geeigneter Weise als ein Produkt reguliert werden, welches Risiken für die Gesundheit hat, aber

wo es unterschiedliche Interpretationen gibt, ob die Vorschriften dem Gesetz entsprechen, halten wir es für vernünftig, die Gerichte zu bitten, diese Frage zu lösen.

Obwohl die meisten Länder in Afrika den Vertrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Tabakkontrolle unterzeichnet haben, hat noch kein Staat die Raucherbeschränkungen, die er vorgibt, vollständig umgesetzt.

Kongo-Brazzaville: Mehr als 30 Prozent Zuwachs an Rauchern erwartet

Die WHO prognostiziert, dass bis 2025 die Zahl der Raucher in 17 der 30 afrikanischen Ländern steigen wird. In einigen Ländern wird eine massive Erhöhung erwartet - in Kongo-Brazzaville von 13,9 Prozent auf fast die Hälfte der Bevölkerung (47,1 Prozent) und in Kamerun von 13,7 Prozent auf 42,7 Prozent. In Sierra Leone werden es 41,2 Prozent der Bevölkerung sein, die rauchen (74 Prozent unter den Männern) und in Lesotho 36,9 Prozent.

Im Gegensatz dazu zeigte die Forschung im vergangenen Jahr, dass nur noch 16,9 Prozent der Erwachsenen in Großbritannien rauchen. Zudem zeigen neue Zahlen, dass Todesfälle im Zusammenhang mit Herzkrankheiten in Großbritannien um 20 Prozent gesunken sind.  

Afrikas wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen und deren zunehmender Wohlstand schaffen einen riesigen Zukunftsmarkt für die Tabakindustrie. Die Unternehmen betonen zwar, dass sie Kinder nicht als Zielgruppe angehen, doch eine Studie die in Nairobi kommt zu einem anderen Ergebnis. Die von der Johns Hopkins Schule für öffentliche Gesundheit in den USA und dem in Kenia ansässigen Verbraucherinformationsnetzwerk durchgeführte Studie zeigt auf, das Anbieter die Zigaretten auch an den Wegstrecken verkauften, die Kinder auf dem Weg zur Grundschule nehmen.

Stände verkaufen Single Dunhill, Embassy, Safari und andere BAT-Marken, eine Zigarette kostet rund 5 Cent. Die Zigaretten werden neben Süßigkeiten, Keksen und kohlensäurehaltigen Getränke verkauft.

Sie zielen auf Kinder",

sagte Samuel Ochieng, Chef des Consumer Information Network.

Sie mischen Zigaretten mit Süßigkeiten und verkaufen sie auf den Schulwegen.

BAT sagt, dass seine Produkte nur für erwachsene Raucher sind und dass es ihnen lieber wäre, wenn ganze Pakete verkauft würden statt einzelner Zigaretten,

da wir in unsere Marken investieren und es klare Gesundheitswarnungen auf den Paketen gibt.

Das Urteil im Prozess in Kenia, das nach den Wahlen am 8. August erwartet wird, wird für den Kontinent als kritisch angesehen. Wenn die Regierung verliert, werden andere Länder weniger Appetit auf einen langen und teuren Kampf gegen die reiche Tabakindustrie haben. BAT dominiert etwa 70 Prozent des kenianischen Marktes. Sein kenianischer Konkurrent, Mastermind, hat sich der Klage gegen die Regierung angeschlossen.

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BAT-Whistleblower Paul Hopkins, der 13 Jahre in Afrika für BAT gearbeitet hatte, erzählte einer britischen Zeitung, dass er im Auftrag der Firma die Kenia Revenue Authority, Kenias Steuerbehörde, für den Zugang zu Informationen bezahlt habe. Deren Informationen hätte BAT gegen seinen kenianischen Konkurrenten Mastermind nutzen können. Hopkins hat auch behauptet, dass es Verbindungen zwischen bestimmten Mitgliedern der Opposition und den Tabak-Unternehmen BAT Kenia und Mastermind gäbe. Zudem wirft Hopkins BAT Kenia vor, dass sie Regierungsbeamte in Burundi, Ruanda und auf den Komoren bezahlen, um Tabakkontrollbestimmungen zu untergraben.

BAT leugnet die Vorwürfe. Ein Sprecher sagte:

Wir dulden kein unrechtes Verhalten in unserem Geschäft irgendwo in der Welt und nehmen alle Behauptungen eines Fehlverhaltens extrem ernst. Wir untersuchen durch externe Rechtsberater, Behauptungen über Fehlverhalten und sind mit dem Serious Fraud Office und anderen zuständigen Behörden verbunden.

Tabakkonzerne gelten als begehrte Arbeitgeber

Tih Ntiabang, Regionalkoordinator der Rahmenkonventions-Allianz in Afrika, welche den WHO-Vertrag unterstützt, sagt, dass die Tabakunternehmen kühner geworden seien.

In der Vergangenheit war es eine unsichtbare Einmischung, aber heute ist es deswegen so schändlich, weil es so sichtbar, wie sie gegen die öffentlichen Gesundheitsbestimmungen vorgehen, wie im Fall von Kenia im Moment. [...] Heute sind sie wagemutiger vor den Gerichten, um die öffentliche Gesundheitspolitik zu bekämpfen. Jede einzelne Regierung interessiert sich sehr für das Wirtschaftswachstum. Sie wissen, dass die Konzerne diese wirtschaftliche Macht haben. Das Budget der Tabakunternehmen wie BAT könnte so groß sein wie das ganze Budget der Region Afrika.

BAT hat in Afrika zudem den Ruf, ein guter Arbeitgeber zu sein. Man bekäme eine sichere Anstellung und eine gute Bezahlung, sagt Ntiabang gegenüber dem "Guardian".

Als ich etwa 10 war, habe ich immer davon geträumt, dass ich für BAT arbeiten könnte. Sie haben sich immer als verantwortungsvolles Unternehmen präsentiert - eine Traumfirma zum Arbeiten. Alle Angestellten sind wohlhabend. Die jungen Leute möchten für BAT arbeiten. Sie fördern eine Menge von Events und sorgen dafür, dass junge Menschen ihren Namen kennen. Wir wuchsen mit dem Traum auf, einer von ihnen sein zu können.

Doch das perfekte Image hat mit der Zeit Risse bekommen. Die Art und Weise, wie ein doppelter Standard gegenüber den ärmeren Ländern angelegt wird, ist zum Teil erschreckend. Kein Tabak-Konzern könnte sich ein solches Geschäftsgebaren in Europa oder in Nordamerika leisten. Bintou Camara, Direktorin der Afrika-Programme bei der Kampagne für Tabak-freie Kinder, sagte gegenüber dem "Guardian":

Britisch American Tobacco, Philip Morris International und andere multinationale Tabakunternehmen haben sich für Afrika als Wachstumsmarkt für ihre tödlichen Produkte entschieden.

Und sie ergänzte:

Die Regierungen in Afrika sollten wissen, dass sie mit ihren Maßnahmen zur Verhütung und Verringerung des Tabakkonsums vorankommen können und sollten, und dass sie dies mit der Unterstützung der vielen Regierungen und Führer auf der ganzen Welt tun, die bereits jetzt deutliche Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen haben.

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